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die Generalin, „aber leise, daß meine Tochter nicht aufwacht, es ist genug, wenn morgen das Gerede anfängt. Steckt das Kind ins Bett, eine Wärmflasche und Baldriantee, also vorwärts, ich bleibe noch einen Augenblick hier. Sie erlauben schon, meine Liebe,“ wandte sie sich an Doralice.

So wurde Lolo fortgeführt.

„Kommen Sie, liebe Köhne,“ sagte die Generalin, nahm Doralicens Arm und führte sie in das Wohnzimmer; „setzen Sie sich, Sie sind ja weiß wie ein Tuch. Ich will mich auch ein bißchen hersetzen, so was fährt einem in die alten Knochen.“ Seufzend nahm sie in einem Sessel Platz und sann eine Weile schweigend vor sich hin. Das große Gesicht war jetzt bleich und sah alt und kummervoll aus.

„Nein!“ begann sie dann wieder, „das habe ich nicht vorausgesehen. Ich bin sonst nicht dumm, aber das habe ich nicht erwartet. Mit unserem Aufenthalte hier wird es wohl nun zu Ende sein. Schade. Sie, meine Liebe, habe ich immer verteidigt. Meine Tochter tat so, als seien Sie ein reißendes Tier, aber ich habe Sie verteidigt. Nun ja, Sie sind Ihrem alten Grafen davongelaufen. Das muß man nicht tun, schon wegen der Moral, aber es war eine dumme Heirat und Sie haben

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/201&oldid=- (Version vom 23.8.2023)