Seite:Keyserling Wellen.pdf/200

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ist sie? wo liegt sie? Heißen Tee haben Sie da, liebe Frau, das ist gut.“ Dann erschien die Generalin in der Schlafzimmertür, sie hatte ihren Strohhut über ihre Nachthaube aufgesetzt und ihren Regenmantel über ihr Nachtkleid angezogen. Sie war rot und atemlos: „Kind! Kind!“ rief sie, „was sind das für Geschichten! Hat man je so was gehört! Daß ich so was erleben muß. Wo ist der heiße Tee, liebe Frau?“

Fräulein Bork und Ernestine waren auch da mit Tüchern und Mänteln beladen und nun begann ein Kommandieren und Hin- und Hergehen und dazwischen schalt die Generalin immer weiter: „Das ist die Buttlärsche Übertriebenheit, die dummen Buttlärschen Herzen. Von mir habt Ihr das nicht. Liebe Köhne, geben Sie ein Handtuch her, wir müssen das Haar noch trocknen. Zu meiner Zeit verlobte man sich auch und verliebte sich auch und war eifersüchtig, denn die Männer taugten damals auch nicht viel, aber gestorben sind wir daran nicht. Aber die heutige Jugend, die ist ja wie betrunken!“

Lolo ließ alles willenlos wie eine Puppe mit sich geschehen. Endlich stand sie in Tücher und Mäntel gehüllt da, von Fräulein Bork und Ernestine gestützt. „Geht jetzt nach Hause,“ befahl

Empfohlene Zitierweise:
Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/200&oldid=- (Version vom 1.8.2018)