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ernst an. Das schmale Gesicht hatte in seiner Ruhe etwas Strenges, Ältliches.

„Wie – wie ist Ihnen jetzt?“ fragte Doralice.

– „Gut,“ sagte Lolo mit einer Stimme, als antworte sie auf eine müßige, gleichgültige Frage. Aber Doralice beugte sich leidenschaftlich über sie, als wollte sie sie erwärmen und beschützen. „Wie konnten Sie das tun?“ flüsterte sie.

Lolo zog ein wenig die Augenbrauen empor und sagte in demselben kühlen, überlegenen Tone: „Er kann nichts dafür. Das wußte ich, als ich Sie sah, er wird nicht anders können und Sie – Sie können nichts dafür, daß Sie so schön sind.“

„Nein, das will ich nicht,“ rief Doralice fast zornig. „Er soll bei Ihnen bleiben, er soll Sie lieben, er soll, soll.“

Lolo wandte den Kopf zur Seite und schloß die Augen, als wollte sie Ruhe haben, und sagte kummervoll und müde: „Ja jetzt, jetzt weiß ich nicht.“

Doralice wagte nicht mehr zu sprechen. Sie kniete dort vor dem Bett und ein unerträgliches Gefühl der Demütigung machte sie elend. Im Nebenzimmer wurde es wieder lebhaft. Die laute Stimme der Generalin ließ sich vernehmen: „Wo

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/199&oldid=- (Version vom 1.8.2018)