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Sofort duckten alle drei hinter einem Wachholderbusche nieder. Dort vor dem kleinen hellen Viereck stand schon einer, eine kleine, schiefe Gestalt und ein langes, regelmäßiges Profil hob sich scharf von den gelbbeleuchteten Fensterscheiben ab. „Exzellenz“, flüsterte Ernestine. Sie wagten sich nicht zu regen. Dieser kleine Mann dort in der Dunkelheit vor dem Fenster stehend erschien ihnen entsetzlich unheimlich. Dann plötzlich war er nicht mehr da, war in die Nacht untergetaucht. Aber die drei Kinder wagten sich noch nicht vor, sondern kauerten still hinter ihrem Wachholderbusch. Und wieder tauchte eine Gestalt aus der Nacht auf und stand vor dem Fenster, eine schmale Gestalt, ein dunkeler Kopf, ein feines Profil, das wie ein Schattenriß gegen die helle Scheibe stand. „Hilmar“, erklärte Wedig. Es schien ihnen, daß sie dieses Mal lange warten mußten, bis auch diese Gestalt in der Dunkelheit verschwand. Da erst trauten sie sich aus ihrem Verstecke heraus, an das Fenster heran und sahen Hans Grill am Tische sitzen und einen Brief schreiben, sahen Doralice in ihrem Sessel, den Kopf zurückgelehnt, mit weit offenen Augen verträumt vor sich hinsehend. Als Nini später oben in ihrem Schlafzimmer im Bett Lolo ihre Erlebnisse erzählte, sagte

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/173&oldid=- (Version vom 1.8.2018)