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Kepler äussert sich in ähnlicher Weise schon früher [s. S. 19, m. und C. 148]. Wir werden in der nächsten Note noch Näheres über seine Ansicht und Meinungen in dieser Sache erfahren.


165. [223.]


Diese Vermuthung habe ich einer Disputation des gelehrten Mästlin entlehnt, welche im Jahre 1605 unter dem Titel ‚Ueber die Natur der Planeten‘ erschienen ist, über welche ich mich auch in der ‚Dissertation‘[UE 1] ausgelassen habe. Die Sache ist aber so wichtig, dass ich zum besseren Verständniss an dieser Stelle darüber ausführlich berichten will. Ich gehe kurzer Hand dazu über. Der Verfasser beginnt in den Thesen 136 u. 143 zunächst von jener Eigenthümlichkeit zu erzählen, dass der Mond bisweilen an demselben Tage und zwar früh morgens als alt und abends als neu erscheint, zu einer Zeit also, wo er nicht mehr als 6–7° von der Sonne entfernt sein kann, während ein anderes Mal noch weitere 12° bis zu seinem Sichtbarwerden nöthig sind. Als erklärende Gründe dieser eigenartigen Erscheinung stellt er in These 146 als neuen Lehrsatz auf: der Mond werde umhüllt von einer gewissen Luftsubstanz. Denn in These 139 hatte er dargelegt, dass der Mond dann, wenn er um volle 12° von der Sonne entfernt ist, kaum in dem 20. Theil seines Durchmessers von der Sonne beschienen wird, und deshalb auch nur dieser Theil sichtbar sei. Um wieviel kleiner wird also sein sichtbarer Theil noch sein, wenn er nur 7° von der Sonne entfernt ist? Es stehe also fest, dass soviel als von der Luft über dem Mondkörper hervorragt, von den Sonnenstrahlen getroffen, nämlich durchdrungen und erhellt werde, niemals werde der Mond selbst weiter erleuchtet, als die centralen Strahlen es zulassen. Diesen Cardinalsatz bekräftigt Mästlin noch überdies durch 5 Beweisversuche. Erstens: die durch ein Loch hereinfallenden Strahlen der verfinsterten Sonne erzeugen ein Sonnenbild, dessen convexer Umkreis einem grösseren Kreise angehört, als der innere concave, der von dem Körper des verdeckenden Mondes herrührt: obgleich doch der Vollmond meist einen viel grösseren [scheinbaren] Durchmesser hat als die Sonne. Er glaubt also, dass wir, wenn wir den Mond als voll messen, wir dasjenige mit messen, was über seinen eigentlichen Körper selbst von seiner beleuchteten Atmosphäre ringsherum hervorragt; wenn aber anderseits er selber die Sonne verdeckt, so stehe jener Körper, meint er, allein davor, ohne dass seine luftige Hülle ihn gleichsam aufschwelle; und die Sonnenstrahlen,

Anmerkungen des Übersetzers

  1. ‚Dissertatio cum Nuncio Sidereo‘, wie vor. fol. 19.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_173.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)