Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

den bergigen Mond mit einer anderen Erde verglich, hatte sie vertreten und Plutarch vergleicht[UE 1] sinnreich diese Mondberge mit dem Atas, der seinen Schatten über das Meer hin bis zur Insel Lemnos wirft.

Keplers scharfem Verstande konnte es auch nicht entgehen, dass die Unregelmässigkeiten auf der Mondscheibe nur so zu erklären seien; die grossen Unterschiede des Lichtreflexes in den einzelnen Theilen des erleuchteten Mondes und ganz besonders der Mangel scharfer Lichtgrenzen mussten ihm die Richtigkeit seiner Ansicht bringen. In der That befinden sich auf dem Monde Berge, welche den höchsten auf der Erde nahezu gleichkommen, verhältnissmässig sind sie ganz bedeutend höher. Der höchste Gipfel des Himalaja-Gebirges z. B. ist ca. 1,16 geogr. Meilen = 8,6 km hoch, der höchste Mondberg ca. 1 geogr. Meile = 7,42 km; daraus folgt, dass, da der Durchmesser des Mondes = 469, der der Erde = 1718 geogr. Meilen beträgt, der höchste Berg auf dem Monde den 1469, derjenige auf der Erde aber nur den 11481 Theil des Durchmessers ausmacht. Eklatanter wird dies noch hervortreten, wenn man sich die Erde und den Mond zu der Winzigkeit einer guten Kegelkugel zusammengeschrumpft denkt: dann wird die Oberfläche der Erdkugel die Glätte des Schreibpapiers haben, während die der Mondkugel immer noch Unebenheiten aufweisen wird, die mit den Fingerspitzen deutlich zu fühlen sein werden.

Es ist also wohl gerechtfertigt, wenn Kepler sagt, dass der Mond, was Vollkommenheit der Rundung anbetrifft, unserer Erde sehr viel nachsteht.

Die wissenschaftliche Erforschung der Mondoberfläche konnte indessen erst nach Erfindung des Fernrohrs mit Erfolg betrieben werden.

Galilei eröffnete die Reihe dieser Erforschungen, er erkannte die seltsamen, kreisförmigen Gebilde auf dem Monde und unternahm es, sie zu messen, dabei kam er, was bemerkenswerth ist, auf ein ganz richtiges Resultat, indem er die höchsten Mondgebirge ungefähr 1 geogr. Meile schätzte und sie nach seiner Kenntniss über die Höhe der irdischen Berge für höher hielt als diese.

Nach Galilei und Kepler ist die Erforschung bis auf die neueste Zeit von den namhaftesten Astronomen eifrig fortgesetzt, so dass wir heute eine vollständige Topographie des Mondes besitzen.[UE 2] Die eigentliche Fundamentalform der Gebirgsbildung auf dem Monde lässt sich als ein

Anmerkungen des Übersetzers

  1. In der Schrift ‚Vom Gesicht im Monde‘.
  2. Sehr eingehend und gemeinverständlich wird die Topographie des Mondes u. A. in dem Buch von J. F. Jul. Schmidt ‚Der Mond‘ und in der ‚Populären Astronomie‘ von Mädler behandelt; ich verweise die sich für diese Erforschungen näher Interessirenden auf diese Werke, denen ich manches hier entnommen habe.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_162.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)