Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

nicht, wenn man berücksichtigt, dass bisweilen die Kraft der Sonnenstrahlen im Sommer so gross ist, dass Wälder und hölzerne Dächer entzündet werden, während das Volk Brandstifter dessen beschuldigt. Sollte von der soviel grösseren Erdkugel in einer Entfernung von 50 000 Meilen nicht etwas von dieser Hitze auf den Mond übergehen?

Es ist diese Note von hervorragender Wichtigkeit, nicht nur wegen der geistreichen Combination in Bezug auf die Wirkung der strahlenden Wärme, welche sie enthält, sondern ganz besonders deshalb, weil Kepler darin zum überhaupt ersten Male die wärmeerzeugende Eigenschaft des Mondlichtes ausspricht und es gereicht mir zur Freude und Genugthuung, die Priorität Keplers in dieser Frage auf Grund meiner Forschungen hier constatiren zu können.

Kepler befand sich damit im Gegensätze zu Plutarch, der meint[UE 1], dass das Sonnenlicht, von dem Monde reflektirt, alle Wärme verliere, so dass uns nur schwache Reste davon überkommen. Bei den Indern heisst der Mond der ‚Kaltstrahlende‘. Es scheint diese Priorität Keplers nicht bekannt zu sein, denn ich finde sie nirgends erwähnt und selbst Humboldt streift[UE 2] nur die Frage mit dem Hinweis: ‚Merkwürdig genug hat es mir immer geschienen, dass von den frühesten Zeiten her, wo Wärme nur durch das Gefühl bestimmt wurde, der Mond zuerst die Idee erregt hat, dass Licht und Wärme getrennt gefunden werden könnten‘ und sagt dann weiter: ‚dass das Mondlicht wärmeerzeugend ist, gehört, wie so viele andere meines berühmten Freundes Melloni[UE 3], zu den wichtigsten Entdeckungen unseres Jahrhunderts [also des XIX.]. Nach vielen vergeblichen Versuchen, von De la Hire an bis zu denen des scharfsinnigen Forbes, ist es Melloni geglückt, mittelst einer Linse von 3 Fuss Durchmesser bei verschiedenen Wechseln des Mondes die befriedigendsten Resultate der Temperaturerhöhung zu beobachten. Wie viel die Quantität der Temperaturerhöhung, welche Mellonis thermoskopische Säule erzeugte, in Bruchtheilen eines hunderttheiligen Thermometergrades ausgedrückt, betrage, wurde damals (Sommer 1846) noch nicht ergründet.‘

Mädler spricht sich im gleichen Sinne aus[UE 4], Lehmann[UE 5] giebt Lord Rosse[UE 6] die Priorität: ‚die Wärmewirkungen des Mondes,‘ sagt

Anmerkungen des Übersetzers

  1. In seiner Schrift: ‚Vom Gesicht im Monde‘, s. Einleitung.
  2. Kosmos III, S. 497 u. 539.
  3. Macedonio Melloni, Physiker, geb. 1798 in Parma, gest. 1854 in Portici; beschäftigte sich viel mit Untersuchungen über strahlende Wärme.
  4. Mädler, ‚Populäre Astronomie‘, 1849. S. 185.
  5. Paul Lehmann, ‚Die Erde und der Mond‘, 1884. S. 247.
  6. William Parsons Rosse, geb. 1800 zu Parsonstown in Irland, gest. 1867 zu Mankstown; Astronom, Besitzer des grössten Spiegelteleskops zu Birr Castle.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_158.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)