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dürften wohl in scharfen, verschieden gefärbten Linien und Punkten hervortreten, sonst werden Details, am wenigsten Werke der Menschen, kaum zu unterscheiden sein.

Am grossartigsten muss der Anblick der Volva für die Seleniten sein, wenn zur Zeit, wo die Sonne im Krebs steht, die Volva ihnen die Spitze ihres Nordpols zuwendet [s. S. 16, o.]. Dann haben sie bei Vollvolva die erleuchtete östliche Erdhalbkugel vor sich, wie sie sich umrisslich auf der entsprechenden Karte eines Atlas darstellt. Oben zunächst die ganze Nordpolregion, ungefähr in einem Radius, der sich bis zu der Insel Island erstreckt. Hier wird die weisse Farbe, herrührend von den Schnee- und Eisfeldern der arktischen Region, vorherrschen, aus der Grönland und die umliegenden Inseln und Küsten sich in schwach gelblichem Ton hervorheben werden. Kepler erzählt, dass die Holländer von Nowaja-Semlja aus nördlich stets offenes Wasser gesehen haben; danach dürfte sich eine leichte, dunkle Schattirung in dem Weiss in dieser Richtung erkennen lassen, die ungefähr den Weg bezeichnet, den Nansen und Johansen auf der kühnen Polarfahrt eine Zeit lang verfolgten.

Links von den Eisfeldern wird der nordamerikanische Continent in schwach grünlichgelber Färbung, entsprechend den weiten Steppen dieses Erdtheils sich zeigen, vielfach durchzogen von bräunlich schimmernden, hin und wieder weiss getupften Streifen der grossen Gebirgszüge; rechts Europa und Asien in ziemlich gleichmässigem Gelb, nur zuweilen unterbrochen durch bräunliche Gebirgslinien und dunkle Punkte einiger Seengebiete.

Im unteren Theil der Volvascheibe erstreckt sich links das gelblich glänzende Südamerika, auf deren nördlicher Hälfte die ausgedehnten Urwälder in grüner Farbe sichtbar sein werden; hier wird sich auch der grosse Amazonenstrom als eine von Westen nach Osten verlaufende schwarze Linie bemerkbar machen, während an der Ostküste die Cordilleren als braune, zuweilen weiss getupfte Streifen erkennbar sein dürften.

Das bunteste Bild wird das rechts unten liegende Afrika zeigen: im Norden die blasse, fast an die Farbe der Mondscheibe erinnernde ausgedehnte Fläche der Sahara, im übrigen Theil eine blassgelbe, von mehreren grösseren grünlich schimmernden Parthien durchzogene Ebene. Die ganze Fläche ist nun besäet mit intensiv grünen Punkten, schwärzlichen Flecken und bräunlichen Streifen, herrührend von Oasen, Sümpfen und Gebirgszügen, durch welche sich vereinzelt dünne schwarze Linien hindurchwinden.

Von den verschiedenen Nuancen der dunklen Farbe, der die Erdtheile umgebenden Meere, ist namentlich ein zwischen Nord- und Südamerika sich hinziehender Streifen bemerkenswerth, der sich bei den

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_136.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)