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noch heute eine ähnliche Vorstellung. „Was wir dort im Monde sehen,“ sagte ein Perser zu Humboldt[UE 1], „sind wir selbst, es ist die Karte unserer Erde.“

Plutarch, war der erste, der die Färbungen auf der Mondscheibe als Unebenheiten der Oberfläche erkannte, und in seiner merkwürdigen Schrift ‚Vom Gesicht im Monde‘[UE 2] spricht er bestimmt aus, dass die Flecken, also die dunklen Stellen der Mondscheibe, Meere und Ebenen seien. Dieser Meinung widersprach noch Kepler zu der Zeit, als er den Text seines Traums schrieb, wie einige seiner Noten [154, 155, 156, 165, 166 u. 174] nachweisen und zwar hielt er die dunklen Stellen für Land und die hellen für Wasser. Eine Besteigung des Berges Schökel bei Graz hatte ihn in dieser Meinung bestärkt, ‚Denn bei dem Anblick von der Höhe‘ – schreibt er an David Fabricius, – ‚überstrahlten die Flüsse bei weitem durch ihren Glanz die durch das Licht der Sonne erhellte Erde‘.[UE 3] Es ist wohl erklärlich, dass Kepler bei der Interpretation der Lichtunterschiede, welche er mit seinen unvollkommenen Instrumenten auf dem Monde bemerkte, unsicher war.

Erst später, wahrscheinlich, durch Galilei veranlasst, änderte er seine Ansicht, und sah nun ganz richtig in den dunklen Parthien ebene, in den hellen dagegen koupirte Flächen. Dass er sich an Stelle der ebenen Flächen Meere dachte, war eine zu damaliger Zeit allgemein verbreitete Annahme, man nannte sie auch deshalb Mare, eine Bezeichnung, die noch heute, freilich nur in rein nominalem Sinne, auf den Mondkarten geführt wird.

Durch die Anwendung immer grösserer Fernrohre ist es nach und nach gelungen, eine auf wirklichen Beobachtungen gegründete Topographie des Mondes zu entwerfen; man weiss jetzt, dass auf dem Mond kein Gegensatz des Oceanischen und Kontinentalen herrscht, nur einer des Starren und Weichen, des Festen und Lockeren mag angenommen werden, und solchergestalt die Verschiedenheit des Lichtreflexes nur von den verschiedenen Bodenformationen abhängen.[UE 4]

Etwas anderes ist es mit der vom Monde aus angeschauten Erde: dass das Land den Seleniten heller als das Meer erscheinen muss, ist unzweifelhaft; denn ebenso, wie die Oberfläche des Mondes hat diejenige unserer Erde die Fähigkeit, das von der Sonne empfangene Licht entsprechend der Verschiedenheit der einzelnen Theile verschieden zurückzustrahlen.

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Kosmos III, S. 544.
  2. s. Einleitung.
  3. s. auch ‚Dissertation über den Sternboten‘. K. O. O. II, S. 496.
  4. s. Mädler, ‚Populäre Astronomie‘. 1849. S. 187 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_134.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)