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79. [111.]


Wenn die Bewegung, welche der Mond ausführt, infolge der Täuschung der Erscheinung, den Sternen zugeschrieben wird, so werden letztere ohne Zweifel auch dadurch eine Bewegung zeigen, dass der Mond sich im Apogäum langsam, im Perigäum schnell bewegt. Es ereignet sich aber, dass bald der Vollmond, bald der Neumond, bald die Vierteln am langsamsten sich bewegen und so der Reihe nach durch alle Phasen. Wenn aber Vollmond ist, befinden sich die Medisubvolvaner im Mittag, bei Neumond haben sie ihre Mitternacht, und umgekehrt bei den Privolvanern; s. C. 63.

Diese Bewegungsunterschiede zeichnen sich von den vorbeschriebenen dadurch aus, dass sie im Mondlauf wirklich stattfinden und zwar weil nach dem I. keplerschen Gesetz auch der Mond sich nicht in einem Kreise, sondern in einer Ellipse, und zwar von merklicher Excentricität, bewegt, in deren einem Brennpunkt die Erde steht. Nach dem II. keplerschen Gesetz [s. C. 73] werden sich also die Geschwindigkeiten des Mondes in seiner Bahn stetig ändern, er wird sich langsamer bewegen, wenn er sich am weitesten von der Erde – im Apogäum – und schneller, wenn er sich derselben am nächsten – im Perigäum – befindet; s. auch C. 74.

Weil nun der Mond sich mit der Erde zugleich um die Sonne bewegt und zwar in einer Geschwindigkeit, die von jener der Erde ganz verschieden ist, so werden gleiche Mondphasen, die ja von dem Stande des Mondes zur Sonne abhängen, nicht immer mit gleichen Ständen in seiner Bahn um die Erde zusammenfallen, vielmehr z. B. im Apogäum oder im Perigäum der Reihe nach alle Phasen erscheinen und so diejenigen Erscheinungen stattfinden, die Kepler im Text erwähnt.


80. [117.]


Einmal ist also der Weg, ein andermal die Geschwindigkeit verschieden; Fig. 15, S. 85.

Die aus dem Mittelpunkte der Sonne S nach den Berührungspunkten L und V mit der Mondbahn gezogenen Linien trennen diese in den äusseren Theil LPV und den inneren LNV. Im ganzen äusseren Bogen sind die mittleren Privolvaner im Schatten des Mondes, in den beiden Berührungspunkten L und V erhalten sie den ersten resp. letzten Sonnenstrahl; der ganze innere Bogen der Bahn LNV ist im Sonnenlicht eingeschlossen.

Zum besseren Verständniss habe ich in der Zeichnung Fig. 15, die im Uebrigen von Keplers Hand herrührt, auf den Monden die Punkte der Medivolvaner mit Mp, MpI, MpII und MpIII und die Sonnenstrahlen SMp und SMpII nachgetragen, Denkt man sich nun den Mond in der

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_112.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)