Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
42. [67.]

Der Stoss ist nicht stark, wenn der Körper, der gestossen wird, leicht nachgiebt. Eine bleierne Kugel wird mehr erschüttert, als eine steinerne, weil je grösser das Gewicht auch der Widerstand grösser ist, welchen sie dem anstossenden Körper entgegensetzt; daher wird der Schlag beim Zusammenstoss schwerer, sich schnell bewegender Körper sehr heftig sein.

Diese ganz richtige Ansicht über die mechanische Wirkung des Stosses folgerte Kepler aus seiner Vorstellung über das Wesen der Schwere. Die Grundlehren der Mechanik lagen zu damaliger Zeit, wie die der Physik, noch sehr im Argen; man fand es bequemer, leeren Träumereien nachzuhängen, als die Natur der Dinge durch mühsame Beobachtungen und geistreiche Combinationen zu ergründen und Keplers Genie tritt uns in diesen mit bewunderungswürdigem Scharfsinn ausgesprochenen Sätzen wieder umsomehr entgegen, als er mit seinem geistigen Auge das erkannte, was die Stockgelehrten seiner Zeit durch unfruchtbare Speculationen erforschen zu können glaubten.


43. [70.]


Unsere Körper werden erwärmt durch die laue Wärme der fortwährenden Ausdünstungen des Erdinnern, welche entweder als Regen oder in der Nacht, bei Abwesenheit der warmen Sonnenstrahlen zu Thau oder Reif verdichtet, herabgehen. Wenn wir dieses äusserlichen lauen Dunstes verlustig sind, so haben wir das Gefühl der Kälte. Ferner ist die ätherische Luft, vom Strahl der Sonne entblösst, infolge der dadurch verursachten Beraubung der Wärme, kalt. Da jene sehr dünn ist, so nimmt sie, so lange sie unbeweglich ist, auch die kleinste Menge Kälte von selbst in sich auf.

Wir ersehen hieraus, dass Kepler die Kälte der höheren Luftschichten bereits erkannt hatte und dass er die Erwärmung der Luft durch die Sonnenstrahlen in ihrer wesentlichen Ursache erklärt. Von der ganzen Oberfläche der Erde, dem Lande sowohl als dem Wasser, sondern sich fortwährend Theile ab, die in luftförmigem Zustand als Dünste und Dämpfe in die Atmosphäre emporsteigen und auf die Beschaffenheit der Luftwärme Einfluss haben. Die von der Sonne auf die Erde fallenden Strahlen vermögen erst dann ihre erwärmende Wirkung auszuüben, wenn sie auf ein Medium treffen, das diese Wärme zu absorbiren fähig ist; die durchgelassenen Strahlen bleiben wirkungslos. Da der Erdboden selbst nun die Sonnenstrahlen fast ganz absorbirt, so erwärmt er sich schnell und theilt diese Wärme dann den unteren Luftschichten mit, von wo sie sich erst nach und nach in die oberen erstreckt; schon dadurch muss die

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 053. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_081.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)