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ungeschickten Breughel-Stil geschrieben, er hält sich so gewaltsam an einen verdorbenen Volksgeschmack, daß sie keine Bedeutung haben können. Sein eigentliches Element dagegen ist z. B. sein „Hans Joggeli, der Erbvetter“, und „Harzer Hans, auch ein Erbvetter“. Im erstern schildert er einen alten reichen Bauer, ein kluges, feines Männlein, welches, umlagert von Erbschleichern aller Art und beiderlei Geschlechts, durch ihre Zudringlichkeiten und Intriguen schlau hindurchsteuert, ohne sich verwirren zu lassen, ihre eigennützigen Geschenke und Dienstleistungen sich wohlweislich schmecken läßt, und am Ende ein armes Pärlein, welches als Knecht und Magd getreu ihm diente, unbeachtet und ohne Ansprüche, mit Haus und Hof und dem ganzen reichen Erbe beglückt, während er jenen Erbschleichern in seinem Testamente, jedem durch ein anzügliches Legat, noch einen Possen spielt. Im „Harzer Hans“ schildert er einen andern reichen Bauer, der aber ein gräßlicher Geizhals ist, welcher sich in der abnormsten Schinderei herumwälzt, seine Frau durch seinen gottlosen Geiz wahnsinnig macht, und nach dessen Tod die hohnlachenden Erben die aufgespeicherten Reichthümer auseinanderzerren. Oder er schildert in „Käthi, die Großmutter“ eine Frau, welche in weiser Sorge und Liebe für ihr Haus ergraut ist. Alle diese Sachen gründen sich, und darin liegt allerdings eine tiefe Kenntniß des Bauers und dessen, was ihm mangelt, auf seine materiellen Interessen, auf seine Gewinn- und Ränkesucht, und Gotthelf sucht das Volk von diesem trübseligen und sterilen Boden ab zu einem erhöhten Bewußtsein zu bringen. Ob er es auf die beste Weise thut, werden wir weiter sehen.

Schon vor mehreren Jahren schrieb Gotthelf „Uli der Knecht“, welcher vielen Beifall fand, und nun hat er eine

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Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_101.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)