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eine herrliche Agraffe mit Reiherfedern. Und eine Nase hatte der Kleine, die war so lang und spitz wie ein Dolch und darauf saß eine gewaltige Hornbrille. Der Wagen selbst aber war wohl verschlossen und die Seidenvorhänge waren zugezogen, sodaß man auch nicht einen Blick hineintun konnte. An allen vier Ecken hatte der Wagen große, spitze Laternen mit rosafarbenen Scheiben und in ihnen brannte am hellichten Tage Licht. Das Dach des Wagens schmückte ein großer goldener Knauf und darauf prangte ein riesiger Buschen von Straußenfedern in allen Farben des Regenbogens.

Dieser prächtige Zug kam zum Budweiser Tor herein und ging ohne Aufenthalt zum Passauer Tor hinaus, um vor dem Schneckenhäuschen des Anastasius Halt zu machen. Der hatte die fremden Gäste in seinem Erdspiegel schon längst gesehen und er wußte auch schon, was der Gesandte des türkischen Großsultans von ihm wollte. Er sollte ihn einladen, nach der fernen Stadt Konstantinopel zu übersiedeln und in die Dienste des Padischah zu treten. Dafür sollte er den Titel eines Obersten Zauberfürsten des osmanischen Reiches und die Würde eines Paschas mit neun Roßschweifen erhalten und ein herrliches Schloß am Goldenen Horn sollte seine künftige Wohnung sein.

Aber der kluge Anastasius wußte dank seiner Zauberkünste noch mehr: Er wußte, daß neben dem Gesandten im Wagen auch der bisherige Oberzauberer des Sultans saß, der innerlich mit diesem Plane seines kaiserlichen Herrn gar nicht einverstanden war, denn der neue Zauberfürst sollte sein Vorgesetzter werden, während er doch bisher selbst der höchste dieses Standes im ganzen Reiche gewesen war. Und darum saß er still in seiner Wagenecke und spann heimliche Pläne.

Nachdem nun der Gesandte bei Anastasius seine erste Aufwartung gemacht und ihm den Zweck seiner Anwesenheit mitgeteilt hatte, verabschiedete er sich für heute mit dem Beifügen, daß er Anastasius Zeit lassen wolle zur reiflichen Überlegung seiner Vorschläge

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Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.pdf/86&oldid=- (Version vom 28.12.2023)