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Heilige Familie. 73. (52.) 32 a.

Die Madonna sitzt vor einem grünen Vorhang, neben dem man rechts in ein Stückchen Landschaft blickt, auf einer Steinbank und hält ein offenes Buch in ihrer gesenkten Rechten. Das Christkind liegt schlummernd rechts neben ihr auf der Bank; sein Köpfchen ruht auf ihrem Schoose. Links lauscht der kleine Johannes, indem er den rechten Zeigefinger an die Lippen legt; rechts Joseph in frommer Betrachtung.

Kupfer; h. 0.19; br. 0,14½. – 1740 durch v. Heinecken aus Hamburg. – Dass die Composition auf Michelangelo zurückgeht, beweist der Stich von G. B. de Cavalleriis (zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts) mit der Inschrift: Michaelis angeli bonaroti inventor. Der Stich ist wahrscheinlich nach einer Zeichnung des Meisters gefertigt, unser Bild nach dem Stiche, nach unserem Bilde aber der moderne Stich von Franz Adam Schroeder, einem Schüler Steinla’s (nicht von Friedrich Schröder, wie Andresen, II, 1873. S. 473, 1. angiebt). Die unter Marcello Venusti’s Namen gehende „Madonna mit dem Buch“ der Galerie Borghese in Rom ist anders angeordnet.[WS 1]

Verbrennung eines Ketzers. 74. (50.) C. 3.

Er ist nackt mit Ketten an Händen und Füssen an den Baumstamm vor einer Ruinenlandschaft gefesselt. Die brennenden Scheite liegen unter seinen Füssen.

Leinwand; h. 1,86½; br. 0,97½. – 1749 aus der Kaiserl. Galerie zu Prag. – Der Inquisitionsspruch FVMO PEREAT QUI FVMVM VENDIDIT unten auf dem Bilde lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Ketzerverbrennung handelt. Merkwürdigerweise ist die Gestalt jedoch aus der Seligenseite von Michelangelo’s „Jüngstem Gerichte“ copirt. Der Urheber ist unbekannt.

Franciabigio.

Fr. di Cristofano, gen. Franciabigio, geb. zu Florenz 1482, gest. den 24. Januar 1525. Ursprünglich Genosse Andrea del Sarto’s. Später von diesem so beeinflusst, dass er, obgleich er der ältere ist, fast als dessen Schüler erscheint. Thätig zumeist in Florenz.

Der Uriasbrief. 75. (53.) 3 b.

Links das Haus des Urias, vor dem in rotmarmornem Bassin Bathseba von ihren nackten Dienerinnen gebadet wird. Urias schläft im Freien auf der Balustrade im Mittelgrunde. Rechts der Palast David’s, von dessen Söller er hinüberblickt zu den Frauen. In der Halle darunter speist Urias mit David und seinem Gefolge. Rechts vor der Thür empfängt Urias den Brief. Von Reitknechten gehalten, harrt sein Ross vorn in der Mitte. Im Hintergrunde links das Kriegslager. Ueberall zahlreiche Nebenfiguren. Bez. l. u. A. S. MDXXIII. und:

Ital. Pappelholz; h. 0,85; br. 1.72. – Inv. Guarienti (vor 1753) N. 95. − 1750 aus der Sammlung des Marchese Suares in Florenz. – Auch durch Vasari (V, p. 196−197) beglaubigt. Hauptbild des Meisters. – Phot. Braun II, 4. – Phot. Ges.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ergänzung siehe Nachträge Berichtigungen und Zusätze: Seite 52 Zeile 15 von oben. – Man vergleiche auch die mit Venusti’s Namen bezeichnete Madonna im Leipziger Museum.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Woermann: Katalog der Königlichen Gemäldegalerie zu Dresden (1887). Generaldirection der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, Dresden 1887, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Karl_Woermann_Katalog_der_Gem%C3%A4ldegalerie_Dresden_1887.pdf/84&oldid=- (Version vom 20.8.2021)