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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1

Knaben, da dieser fortan bei der Mittellosigkeit der Mutter von der Gunst und Unterstützung seiner Verwandten abhing und schon in früher Jugend in drückenden Verhältnissen vielfach hin und her geschleudert wurde. Die letzten Schuljahre verbrachte Solger auf dem Pädagogium in Züllichau, von wo er im Herbste 1837 die Universität Halle bezog, die er später mit Greifswald vertauschte. In Halle schloß er sich vorzugsweise an den anregenden und geistig bedeutenden Kreis an, welcher damals unter der Führerschaft von Arnold Ruge die Hallischen Jahrbücher in’s Leben gerufen hatte und die äußerste Linke der Hegel’schen Schule bildete. Auf der einen Seite das Studentenleben mit vollen Zügen genießend, auf der andern geistig gehoben durch die bedeutenden Männer, mit welchen er verkehrte, trat Solger hier zuerst an das Studium der Philosophie heran und legte den Grund zu seiner umfassenden und gründlichen klassischen Bildung. Anfangs als Theologe, im zweiten Semester aber schon als Philosoph immatrikulirt, widmete er sich neben seinen geschichtlichen und philosophischen Studien auch den Kameralien und versuchte sich in verschiedenen lyrischen Dichtungen, deren einzelne in dem Ruge’schen Musenalmanach von 1840 veröffentlicht wurden. Von Halle ging er 1840 nach Greifswald, wo er im Mai 1842 mit einer historischen Dissertation über die Sicambern promovirte. Solger gedachte sich nunmehr der akademischen Laufbahn zu widmen und zur Uebernahme einer Professur an der landwirthschaftlichen Schule in Eldena vorzubereiten. Der damalige preußische Kultusminister Eichhorn war ein Freund seines Vaters und nahm besondern Antheil an dem Fortkommen des talentvollen Sohnes. Er veranlaßte Solger’s Eintritt bei der Regierung in Potsdam, wo dieser zu seiner praktischen Ausbildung einige Zeit lang als Referendar arbeitete. Er konnte sich jedoch, unbefriedigt von dem dortigen büreaukratischen Treiben, bedrängt von seinen Gläubigern und im Stich gelassen von seinen Verwandten, nicht lange halten und beschloß, sein Glück im Ausland zu versuchen.

Solger wollte direkt über England nach Amerika gehen, kam damals, 1843, aber nur bis Liverpool. Ein Makler hatte ihm nämlich ein gefälschtes, werthloses Fahrbillet aufgehängt, für welches Solger sein letztes Geld hingegeben hatte. Er mußte also nothgedrungen bleiben. Zu seinem Glück erhielt er eine Stelle als Hauslehrer bei einem Landedelmann,


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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1. Verlag von Julius Springer, Berlin 1876, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapp,_Aus_und_%C3%BCber_Amerika,_Band_1,_S_357.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)