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307 Einleitung. 307

und deren Anschauung wenden, um diesen ihren Gegenstand zu bestimmen. Vernunfteinheit ist also nicht Einheit einer möglichen Erfahrung, sondern von dieser als der Verstandeseinheit wesentlich unterschieden. Daß alles, was geschieht, eine Ursache habe, ist gar kein durch Vernunft erkanter und vorgeschriebener Grundsatz. Er macht die Einheit der Erfahrung möglich und entlehnt nichts von der Vernunft, welche, ohne diese Beziehung auf mögliche Erfahrung, aus blossen Begriffen, keine solche synthetische Einheit hätte gebieten können.

 Zweitens sucht die Vernunft in ihrem logischen Gebrauche die allgemeine Bedingung ihres Urtheils (des Schlußsatzes) und der Vernunftschluß ist selbst nichts anders als ein Urtheil, vermittelst der Subsumtion seiner Bedingung unter eine allgemeine Regel (Obersatz). Da nun diese Regel wiederum eben demselben Versuche der Vernunft ausgesetzt ist, und dadurch die Bedingung der Bedingung (vermittelst eines Prosyllogismus) gesucht werden muß, so lange es angeht, so sieht man wol, der eigenthümliche Grundsatz der Vernunft überhaupt (im logischen Gebrauche) sey: zu dem bedingten Erkentnisse des Verstandes das Unbedingte zu finden, womit die Einheit desselben vollendet wird.

 Diese logische Maxime kan aber nicht anders ein Principium der reinen Vernunft werden, als dadurch, daß man annimt: wenn das Bedingte gegeben ist, so sey auch die ganze Reihe einander untergeordneter Bedingungen,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_307.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)