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58 Elementarlehre. II. Th. Transsc. Logik. 58

mithin die Eitelkeit ihrer ganzen Kunst bekennen solten, ist diese: Was ist Wahrheit? Die Nahmenerklärung der Wahrheit, daß sie nemlich die Uebereinstimmung der Erkentniß mit ihrem Gegenstande sey, wird hier geschenkt, und vorausgesezt; man verlangt aber zu wissen, welches das allgemeine und sichere Criterium der Wahrheit einer ieden Erkentniß sey.

 Es ist schon ein großer und nöthiger Beweis der Klugheit oder Einsicht, zu wissen, was man vernünftiger Weise fragen solle. Denn wenn die Frage an sich ungereimt ist, und unnöthige Antworten verlangt, so hat sie, ausser der Beschämung dessen, der sie aufwirft, bisweilen noch den Nachtheil, den unbehutsamen Anhörer derselben zu ungereimten Antworten zu verleiten, und den belachenswerthen Anblick zu geben, daß einer (wie die Alten sagten) den Bock melkt, der andre ein Sieb unterhält.

 Wenn Wahrheit in der Uebereinstimmung einer Erkentniß mit ihrem Gegenstande besteht, so muß dadurch dieser Gegenstand von andern unterschieden werden; denn eine Erkentniß ist falsch, wenn sie mit dem Gegenstande, worauf sie bezogen wird, nicht übereinstimmt, ob sie gleich etwas enthält, was wol von andern Gegenständen gelten könte. Nun würde ein allgemeines Criterium der Wahrheit dasienige seyn, welches von allen Erkentnissen, ohne Unterschied ihrer Gegenstände, gültig wäre. Es ist aber klar, daß, da man bey demselben von allem Inhalt der Erkentniß (Beziehung auf ihr Obiect) abstrahirt, und

Wahr-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_058.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)