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37 II. Abschnitt. Von der Zeit. 37

unserer eigenen Vorstellungen, wenn man gleich alle äussere Erscheinungen, samt deren Veränderungen leugnen wollte). Nun sind Veränderungen nur in der Zeit möglich, folglich ist die Zeit etwas wirkliches. Die Beantwortung hat keine Schwierigkeit. Ich gebe das ganze Argument zu. Die Zeit ist allerdings etwas Wirkliches, nemlich die wirkliche Form der innern Anschauung. Sie hat also subiective Realität in Ansehung der innern Erfahrung, d. i. ich habe wirklich die Vorstellung von der Zeit und meiner Bestimmungen in ihr. Sie ist also wirklich nicht als Obiect, sondern als die Vorstellungsart meiner Selbst als Obiects anzusehen. Wenn aber ich selbst, oder ein ander Wesen mich, ohne diese Bedingung der Sinnlichkeit, anschauen könte, so würden eben dieselben Bestimmungen, die wir uns iezt als Veränderungen vorstellen, eine Erkentniß geben, in welcher die Vorstellung der Zeit, mithin auch der Veränderung gar nicht vorkäme. Es bleibt also ihre empirische Realität als Bedingung aller unsrer Erfahrungen. Nur die absolute Realität kan ihr nach dem oben angeführten nicht zugestanden werden. Sie ist nichts, als die Form unsrer inneren Anschauung.[1] Wenn man von ihr die besondere Bedingung unserer Sinnlichkeit wegnimmt, so verschwindet auch der Begriff der Zeit, und sie hängt nicht an den

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  1. Ich kan zwar sagen: meine Vorstellungen folgen einander; aber das heißt nur, wir sind uns ihrer, als in einer Zeitfolge, d. i. nach der Form des innern Sinnes bewußt. Die Zeit ist darum nicht etwas an sich selbst, auch keine den Dingen obiectiv anhängende Bestimmung.
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 037. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_037.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)