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2 Einleitung. 0

wird durch sie mehr gereizt, als befriediget. Solche allgemeine Erkentnisse nun, die zugleich den Character der innern Nothwendigkeit haben, müssen, von der Erfahrung unabhängig, vor sich selbst klar und gewis seyn; man nennt sie daher Erkentnisse a priori: da im Gegentheil das, was lediglich von der Erfahrung erborgt ist, wie man sich ausdrükt, nur a posteriori, oder empirisch erkannt wird.

 Nun zeigt es sich, welches überaus merkwürdig ist, daß selbst unter unsere Erfahrungen sich Erkentnisse mengen, die ihren Ursprung a priori haben müssen, und die vielleicht nur dazu dienen, um unsern Vorstellungen der Sinne Zusammenhang zu verschaffen. Denn, wenn man aus den ersteren auch alles wegschaft, was den Sinnen angehört, so bleiben dennoch gewisse ursprüngliche Begriffe und aus ihnen erzeugte Urtheile übrig, die gänzlich a priori, unabhängig von der Erfahrung entstanden seyn müssen, weil sie machen, daß man von den Gegenständen, die den Sinnen erscheinen, mehr sagen kan, wenigstens es sagen zu können glaubt, als bloße Erfahrung lehren würde, und daß Behauptungen wahre Allgemeinheit und strenge Nothwendigkeit enthalten, dergleichen die blos empirische Erkentniß nicht liefern kan.

 Was aber noch weit mehr sagen will, ist dieses, daß gewisse Erkentnisse so gar das Feld aller möglichen Erfahrungen

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_002.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)