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Voltaire: Kandide. Erster Theil

herableiern lässt, die er ihm einmal in die Hand gegeben hat, der ihm theologische Dispüten, in den Mund legt’? Ich sollte den Mann schäzen, der Ariost’s komische Erfindung mit dem Schiesgewehr in gutem Ernst nachäft, und sich die Teufel in dem Himmel herumkanoniren lässt? Weder mir noch sonst irgend jemand in Italien können sie gefallen, diese kahlmäusersche Alfanzereien. Welcher Mann, der nur ein wenig Gefühl für’s Schöne hat, kann die Heurat der Sünde und des Todes, und die Schlangen, die Frau Sünde gebiert, lesen, ohne daß sich sein Magen empört! Und seine weitläufige, weitschweifige Beschreibung vom Hospitale gehört nur für einen Totengräber.“

„Dies dunkle, phantastische, ekelhafte Gedicht ward bei seiner ersten Erscheinung verachtet; und ich thue jezt das, was gegen Milton seine Landleute und Zeitverwante thaten. Übrigens sag’ ich, was ich denke, und kümmre mich wenig darum, ob andre eben so denken wie ich.“

Kandiden hatten diese Urtheile ein wenig gebeugt, er hielt den Homer hoch, und liebte den Milton. Sie kamen nunmehr vor einen Schrank, worin Teutsche Dichter standen. Lassen Sie uns vorübergehn, lieber Martin, flisterte Kandide ihm zu. Es möchte sonst

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_169.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)