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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Pococuranté lies, während daß das Dinee besorgt wurde, ein Konzert geben. Kandide schwamm in Vergnügen, glaubte Sphärenklang zu hören. Auf eine Viertelstunde hört man das Gequinkelire, den Dideldumdei wohl an, sagte Pococuranté, aber währts länger, so ist’s jedermann überdrüssig, ohne daß Eine Seele das Herz hat, es zu gestehn. Heutzutage nimmt die Musik hohen, sonnenhohen Flug, und da mag’s der Teufel aushalten und lange mitfliegen.

Vielleicht behagte mir die Oper besser, wenn man nicht das Kunststükchen ausfündig gemacht hätte, sie zu einem Ungeheuer umzuschaffen, wobei sich mein Magen empört. Geh’ hin wer da will, in Eure elende musikalische Trauerspiele, wo jede Scene dazu angelegt ist, queerfeldein zwei oder drei lächerliche Liederchen anzubringen, welche die Kehle der Aktrise in’s Licht setzen müssen. Fall vor Vergnügen in Ohnmacht, wer da will, oder kann, wenn er einen Kastraten den Cäsar oder Kato hertrillern hört, oder ihn mit anmaslicher Noblesse auf dem Brettergerüste herumspazieren sieht. Ich meines Orts habe schon längst all’ diesen Lappereien entsagt, die heutiges Tages den Stolz von Italien ausmachen, und von auswärtigen Potentaten so theuer bezahlt werden.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)