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Voltaire: Kandide. Erster Theil

zugebracht, und doch hat sich in all’ der Zeit Barones Gundchen nicht eingestellt! Ich habe statt ihrer weiter nichts gefunden, als eine Flirtje[1] und einen Abee Perigourdin. Ganz gewis ist sie todt, meine Gunde! Ihr nach ist noch das Einzige, was du thun kannst Kandide! – – Ha! wär’ ich doch in dem Paradiese, in Eldorado geblieben, und nicht nach dem Drachenneste, dem Europa zurükgekehrt! Sie haben ganz Recht, lieber Martin! Es ist alles in der Welt leerer blauer Dunst! Ist allenthalben Drang und Sturm!

Es befiel ihn so düstere Schwermut, daß er weder an den neustaufgebrachten Duodramen, noch an den Volksstükken aus Ammenmärchen mit mächtiger Genieskraft geknätet, bei deren Vorstellung im Schauspielsaale kein Apfel zur Erde konnte, noch an irgend einer Faschingslustbarkeit Theil nam; sogar bei einer Danae von Mädchen stieg ihm kein Fünkchen Begier auf.

Gute, treuherzige Seele! sagte Martin, Sich einzubilden, eine Mestize von Bedienten mit fünf oder sechs Millionen in der Tasche, wird hingehn bis an’s Ende der Welt, und Ihre Geliebte aufsuchen. Findet er sie, so fischt er sie

  1. Flirtje, Niedersächsischer Ausdruk, der den Grisette der Franzosen völlig entspricht
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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_151.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)