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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Kandiden immer mehr einzulieblen, schwazte ihm viel von Kunegunden vor, und Kandide sagte: er wollte ihr auf den Knien auf’s herzinnigste seine Untreue abbitten, wenn er sie zu Venedig sehn würde.

Perigourdin verdoppelte seine Höflichkeit und seine Aufmerksamkeit, nam an alle dem, was Kandide sagte, that, ja noch thun wollte, den wärmsten Antheil.

So haben Sie mit ihr ein Rendezvous zu Venedig verabredet? fragte er. „Das hab’ ich, lieber Abee; ich mus platterdings mein Gundchen wiederfinden.“ Das Vergnügen, von seiner Geliebten sprechen zu können, ris ihn hin, und er erzählte, nach seiner löblichen Gewohnheit, einen Theil seiner Abenteuer mit dieser berühmten Westphalin.

Barones Kunegunde hat zweifelsohne viel Geist, sagte der Abee, und schreibt treffliche Briefe. „Was ich nicht sagen kann! Ich habe nie welche von ihr bekommen. Als ich wegen meiner Liebe zu ihr war aus dem Schlosse gejagt worden, konnt’ ich nicht an sie schreiben; bald darauf erfuhr ich, sie sei todt, hernach fand ich sie wieder, und verlor sie plözlich, und jezt hab’ ich ihr zweitausendfünfhundert Meilen von hier einen Expressen gesandt, dessen Antwort ich erwarte.“

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_142.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)