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Voltaire: Kandide. Erster Theil

die Menschen den ganzen Überrest ihres Lebens mit dem albernsten Gekrette hin. Jansenisten sind gegen Molinisten, Parlamentsglieder gegen Männer von Litteratur, Hofschranzen gegen Hofschranzen, Finanzpächter gegen das Volk, Weiber gegen ihre Männer, Anverwandte gegen Anverwandte; kurz, es ist ein ewiger Krieg.

Kandide antwortete ihm: Ich habe noch viel schlimmers gesehen; allein ein weiser Mann, der nachher das Unglük gehabt, aufgehängt zu werden, lehrte mich, daß alles über die Maassen gut und blos das sei, was der Schatten in einem schönen Gemälde.

Der Herr Weise am Galgen hatte die Leute zum Besten, sagte Martin; diese Schatten sind gräsliche Flekke. Die Menschen sind’s, die diese Flekke machen, und sie können’s nicht vermeiden, sagte Kandide. Sonach ist’s nicht ihre Schuld, antwortete Martin.

Die meisten von den Pointeurs, denen dies Rotwälsch war, zechten, Martin unterhielt sich mit dem Gelehrten, und Kandide erzählte einen Theil seiner Abenteuer der Dame vom Hause.

Nach dem Supee führte die Marquise Kandiden in ihr Kabinet; er musste sich auf ein Sopha sezen.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_139.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)