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Voltaire: Kandide. Erster Theil

sich auf ein klein Fahrzeug, um das Schif in der Rhede zu erreichen. Der Patron ersah seine Zeit, spannte die Segel, lichtete die Anker, und unter dem günstigsten Winde stach er flott in See.

Kandide ganz ausser sich und starr vor Verwundrung verlor ihn bald aus den Augen. Ha! schrie er endlich, das Stükchen schmekt völlig nach der alten Welt! In ein Meer von Schmerz versenkt, nahte er sich dem Ufer. War ihm seine Betrübnis zu verdenken? Was er einbüsste, das hätte das Glük von zwanzig Monarchen gemacht.

Er eilte zum Holländschen Richter, pochte ziemlich stark an, brauste herein – denn er war noch in der ersten Gährung – erzählte sein Abenteuer, und in der Wärme des Erzählens wird er ein wenig lauter als sich’s ziemte. Für all’ das Gebuller erlegen Sie sogleich zehntausend Piaster! diktirte ihm der Richter! Hierauf hört’ er ihn geduldig aus, versprach die Sache vorzunemen, sobald der Kaufmann wieder da sein würde, und lies sich noch zehntausend Piaster Gerichtsgebühren zahlen.

Kandiden hatte zwar schon unendlich härters, niederdrückenders Ungemach betroffen, dennoch aber erlag er unter diesem. Die Kaltblütigkeit des Richters und des Schifspatrons, der ihn so schreklich geprellt hatte, machte all’ seine

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_115.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)