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Voltaire: Kandide. Erster Theil

mit nach Portugall, wo er mir Zeit Lebens Unterhalt zu geben versprach.

Bald darauf kamen Sie in sein Haus, und er gab mich Ihnen zur Bedienung. Sie wissen, wie ich stets an Ihnen gehängt, gnädige Barones, wie ich über Ihre Schiksale ganz die meinigen vergessen habe, die um so härter sind, da mein Elend nur erst mit meinem Leben ein Ende nemen kan. Denn Sie müssen noch wissen, bei Verlust des Kopfs darf ich mich in den Landen meines verstorbnen Vaters nicht wieder sehen lassen. Sein Nachfolger auf dem Päbstlichen Stuhl, ein geschworner Feind meiner Mutter und des Hauses Massa Carara, hat nicht nur alle unsre Güter eingezogen, sondern auch bei Landesverweisung verboten, meiner in Gesellschaft zu erwähnen. Durch ihn, theils bestochen, theils durch niedrige Schmeichelei bewogen, haben verschiedne Geschichtschreiber nicht nur meinen Vater aus der Liste der Päbste weggelassen, sondern auch sogar öffentlich im Druk meine und meiner Mutter Existenz glatt weggeläugnet.

Urtheilen Sie nun selbst, wer von uns beiden das Mehrste erlitten hat, und gleichwohl hätt’ ich Ihnen nie meine Unglüksfälle erzählt, wenn Sie mich nicht durch Ihre bittern Klagen dazu aufgefordert hätten, und wenn’s nicht im Schif, so gut wie auf der Landkutsche, Mode

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_066.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)