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Voltaire: Kandide. Erster Theil

den halben Hinterbakken ablösen, das lass’ ich gelten; auf die Art werdet Ihr Essen die Fülle haben; gebricht’s Euch wieder an Proviant, nun so wisst Ihr ja, wo Eure Vorratskammer liegt. Ihr könnt sodann mit Zuversicht hoffen, daß Euch Allah wegen einer solchen Barmherzigkeit nicht ohne Beistand lassen wird.

Da dieser Priester ein guter Schwadronör war, so drang er durch, und man nam die grausame Operation vor. Der Iman bestrich uns in eigner Person mit Beschneidungsbalsam. Wir waren allesamt todtsterbenskrank.

Kaum hatten die Janitscharen die Mahlzeit hinter, die wir ihnen verschaften, so waren die Russen in flachen Fahrzeugen da, und stürmten die Schanze. Kein Janitschar blieb am Leben. Uns schleppten die Sieger mit, ohne sich um unsern Zustand im mindesten zu kümmern.

Französische Wundärzte findet man allenthalben. Sonach hatten die Russen einen in der Kunst gar wohl erfahrnen Franzman bei sich, der nam uns in die Kur, und heilte uns glüklich. Er suchte uns dadurch zu trösten, daß dergleichen Kriegsgebrauch wäre, und sich schon bei vielen Belagrungen ereignet hätte. Wie meine Wunden völlig zugeheilt waren, verlangt’ er von mir Minnesold. Ich werde den Antrag in meinem Leben nicht vergessen.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_063.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)