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Voltaire: Kandide. Erster Theil

nicht verstehn; der Mann ist Hofwechsler, und gilt viel. Der Inquisitor[WS 1] drohte ihm mit einem Autodafé.

Das wirkte; jagte meinen Juden in’s Horn. Husch! schlos er einen Vergleich mit dem Pfaffen; vermöge dessen gehör’ ich und Haus ihnen gemeinschaftlich; der Mondtag, Mittewoch und Schabbas gehören dem Juden, die übrigen Tage in der Woche gehören dem Inquisitor.

Es ist nunmehr ein halbes Jahr, daß dieser Kontrakt aufgesezt ist. Unter der Zeit hat es manch Gekrette[1] gegeben; denn sie konnten sehr oft nicht einig werden, ob die Nacht vom Sonnabend zum Sonntag nach dem alten oder neuen Testamente müsse berechnet werden. Noch hab’ ich keinen von beiden erhört, und eben deshalb glaub’ ich, werd’ ich noch von beiden geliebt.

Endlich liessen der Hochwürdige Herr Inquisitor ein Autodafé anstellen, sowohl, um dem Erdbeben zu steuern, als auch, um dem Juden einen kleinen Schrek in die Glieder zu jagen. Er war so galant, mich zu dieser Feierlichkeit einzuladen, und mir einen sehr guten Plaz anzuweisen. In der Zeit, da die Messe war


  1. Gekrette in der alten Sprache ein heftiger Wortwechsel, ist noch in Niedersachsen üblich
  1. Vorlage: Inquifitor
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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_040.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)