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Voltaire: Kandide. Erster Theil

um sie zu bestrümpfen und zu beschuhen, und Ihr bestrümpft und beschuht sie. Seht die Quadersteine an! Sie wachsen, um zersägt, behauen, und zum Bau der Palläste verwandt zu werden, derohalben hat unser gnädiger Herr Baron einen gar herrlichen Pallast von Quadersteinen; der grösste Baron im ganzen Herzogthume mus die beste, bequemste Wohnung haben, und hat sie auch. Die Schweine schuf Gott, damit der Mensch sie ässe; essen wir nicht Schweinfleisch Jahr aus Jahr ein? Folglich ist es Thorheit mit einigen zu behaupten, daß alles gut gemacht ist; aufs Beste ist alles gemacht, muß man sagen.

Das fing der junge Kandide mit beiden ofnen Ohren auf, und glaubte es in seiner Herzenseinfalt steif weg, denn er fand Barones Gundchen ausserordentlich schön, ob er gleich nie den Mut gehabt hatte, es ihr zu sagen. Er schlos, die erste Stufe irrdischer Glükseligkeit wäre Freiherr auf und von Donnerstrunkshausen, die zweite Barones Kunegunde zu sein, die dritte, sie täglich zu sehen, die vierte, den Magister Panglos zu hören, den grössten Philosophen im ganzen Westphälischen Kreise, folglich auch in der ganzen Welt.

Eines Tages, als Barones Kunegunde in dem kleinen Gehölze am Schlosse spazieren ging, das man den hochfreiherrlichen Park nannte, erblikte

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_006.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)