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     Eilet darauf weiter schreitend

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Zu der Fluth des See’s Alue,

Springet auf zu dem Wachholder,
Senget so die ganze Heide,
Hebt sich sogar zu den Fichten,
Sengt die allerschönsten Föhren,
Schreitet immer weiter vorwärts,
Sengt das Land des halben Nordens,
Sengt des Sawolandes Gränzen,
Beide Hälften von Karjala.
     Wäinämöinen alt und wahrhaft

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Macht sich selber auf zu gehen,

Hebet fort sich durch die Waldung,
Folgt des wilden Feuers Spuren;
Findet auch das Feuer endlich
An der Wurzel zweier Stämme,
In der Erlenhöhlung Innerm,
An des faulen Stammes Biegung.
     Sprach der alte Wäinämöinen
Selber darauf diese Worte:
„Feuer, du, das Gott geschaffen,

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Flamme du des höchsten Schöpfers!

Gingst umsonst nur in die Tiefe,
Ohne Grund in weite Ferne,
Thuest besser, wenn du heimkehrst
Zu den Öfen, die von Steinen,
Dich in deinen Funken bergest,
In den Kohlen dich versteckest,
Daß am Tage man dich brauche,
In dem Birkenholz benutze
In der Nacht man dich verberge

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In des goldnen Kreises Höhlung.“

     Nahm darauf den Feuerfunken
In den flammenreichen Zunder,
In den trocknen Schwamm der Birke,
In den Kessel, der von Kupfer,
Trug das Feuer in dem Kessel,
Bracht’ es in der Birkenrinde
Zu der nebelreichen Spitze,
Zu dem waldungsreichen Eiland;
Feuer hatten bald die Stuben,

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Licht geschwind die Wohnungsstätte.

     Selbst der Schmieder Ilmarinen
Stürzte zu dem Rand des Meeres,
Schleppt sich zu des Wassers Klippen,
Setzt sich auf des Strandes Felsen,
Bei dem Schmerze durch das Feuer,
Bei den Qualen durch die Flamme.
     Dorten löschte er das Feuer,
Hemmte er der Flamme Wirkung,
Redet Worte solcher Weise,

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Läßt auf diese Art sich hören:

„Feuer, du, von Gott geschaffen,
Panu, du, o Sohn der Sonne!
Wer hat dich so sehr erzürnet,
Daß du meine Wangen sengtest,
Meine Hüften mir verbranntest,
Meine Seiten so verletztest?“
     „“Wie soll ich das Feuer löschen,
Soll die Flamme ich bezähmen,
Mach’ ich wirkungslos das Feuer,

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Ohne Schaden ich die Flamme,

Daß sie mir nicht lange Qualen,
Nicht zu langen Schmerz bereite?“
     „Komme, Tochter, du aus Turja,
Jungfrau, eile von den Lappen,
Reif am Strumpfe, eisbeschuhet,
Weißbereifet an dem Saume,
In der Hand den Reifeskessel
Und darin den Eiseslöffel;
Sprütze mit dem kalten Wasser,

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Laß des Eises Masse fallen,

Auf die Stellen, die versenget,
Auf des Feuers bösen Schaden!“
     „Sollte dieß genug nicht scheinen,
Komm, o Sohn du aus Pohjola,
Kind, du aus dem vollen Lappland,
Langer Mann vom Düsterlande,
Von der Höhe einer Fichte,
Von der Größe einer Tanne,
An den Händen Reifeshandschuh,

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An den Füßen Reifesschuhe,

Auf dem Kopf die Reifesmütze,
An dem Leib den Reifesgürtel!“

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_282.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)