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Barsche reich an scharfen Gräten,
Voller Keckheit manchen Rothaug’,
Können nur den Fisch nicht fangen,
Welchem sie das Netz bereitet.
     Sprach der alte Wäinämöinen:
„O du Schmieder Ilmarinen,
Laß uns selber dahin gehen,
Zu dem Wasser an den Netzen!“
     Darauf gingen beide Helden,

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Zieh’n das Netz rasch durch das Wasser,

Wenden einen von den Rändern
Zu dem Eiland auf dem Meere,
Kehren dann die andre Seite
Zu des Wiesenrandes Spitze,
Doch des Netzes runde Bauschung
Kehrt man zu den Walzen Wäinö’s.
     Zieh’n das Netz nach vorn und stoßen’s,
Ziehen es und schleppen’s fleißig,
Fangen Fische zur Genüge,

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Fangen Barsche reichen Maaßes,

Fangen schöne Lachsforellen,
Brachsen, manche Lachsesarten,
Alle Fische aus dem Wasser,
Können nur den Fisch nicht fangen,
Welchem sie das Netz bereitet,
Gegen den das Garn sie senkten.
     Fügt der alte Wäinämöinen
Ferner Netze noch zu diesen,
Leget Ränder an die Seiten

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Wohl fünfhundert Klafter Breite,

Stricke siebenhundert Klafter,
Redet selber diese Worte:
„Führen wir zur Fluth die Netze,
Wollen weiter sie noch tragen,
Weiter durch das Wasser ziehen,
Noch zum zweiten Mal das Zugnetz.“
     Führten zu der Fluth die Netze,
Trugen hin sie auf die Wogen,
Zogen ferner durch das Wasser

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Noch zum zweiten Mal das Zugnetz.

     Selbst der alte Wäinämöinen
Redet Worte solcher Weise:
„Wellamo, des Wassers Wirthin,
Wasser-Alte mit der Schilfbrust;
Komm das Hemd jetzt einzutauschen,
Deinen Rock jetzt zu verändern!
Hast ein Hemd aus Schilf bereitet,
Hast des Meeres Schaum als Decke,
Die gemacht die Windestochter,

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Die dir gab die Fluthentochter,

Werde dir ein Hemd von Leinwand,
Von dem reinsten Flachse geben,
Das gewebt die Mondestochter
Und gewirkt der Sonne Tochter.“
     „Ahto, Wirth du in den Fluthen,
Herrscher du von hundert Gruben!
Nimm den Pfahl von fünf der Klafter,
Nimm die Siebenklafterstange,
Um das Meer ganz zu durchsuchen,

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Um den Boden zu durchwühlen,

Rühre auf des Schilfes Fasern,
Treibe du der Fische Heerde,
Wo wir dieses Netz erheben,
Seine hundert Flossen senken,
Von den fischereichen Buchten,
Von den vielen Lachsesschluchten,
Aus des Meeres großen Wirbeln,
Aus den bodenlosen Tiefen,
Wo die Sonne nimmer scheinet,

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Nie der Sand je Druck erleidet.“

     Stieg ein Männlein aus den Wogen,
Kam ein Held dort aus den Fluthen,
Bleibet auf des Meeres Rücken,
Redet Worte solcher Weise:
„Brauchet ihr wohl einen Scheucher,
Der die lange Stange hielte?“
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Redet selber diese Worte:
„Brauchen wirklich einen Scheucher,

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Der die lange Stange halte.“

     Haut das Männlein, dieses Heldlein,
Eine Tanne von dem Strande,
Einen langen Baum vom Busche,
Macht zur Spitze eine Klippe,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)