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Einen, daß er Gicht errege,
Einem leihet sie die Dürrsucht,
Einen drängt sie zu Geschwülsten,
Einen steckt sie an mit Krätze,
Einen stößt sie zu der Zehrung,

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Einen treibt sie zu der Pest selbst.

     Ohne Namen blieb nur einer,
Blieb der unterste im Strohbett,
Diesen trieb sie drauf von dannen,
Stieß als Zaubrer ihn auf’s Wasser,
Auf der Niedrung Rand zu zaubern,
Überall den Neid zu üben.
     Louhi, sie, des Nordlands Wirthin,
Hieß die andern alle gehen
Nach der nebelreichen Spitze,

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Zu dem waldungsreichen Eiland;

Reizte diese bösen Wesen,
Diese Übel sonder Gleichen
Auf die Männer von Wäinölä,
Zum Verderb des Kalewstammes.
     Es erkrankt das Volk Wäinölä’s,
Liegen sieht man Kalew’s Söhne
An den Übeln sonder Gleichen,
Mit den unbekannten Namen;
Daß der Boden unten faulet

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Und die Decke oben eitert.

     Ging der alte Wäinämöinen,
Dieser ew’ge Zaubersprecher,
Um die Köpfe zu befreien,
Um die Seelen zu erlösen,
Ging zum Kampfe zu Tuoni,
Mit den Krankheiten zu streiten.
     Läßt die Badestub’ erwärmen,
Läßt die Steine dort erhitzen
Mit dem allerreinsten Holze,

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Mit vom Fluß gebrachten Scheiten;

Führet Wasser wohl verdecket,
Bringet Besen gut verwahret,
Bähet warm die Badebesen
Und erweicht die hundertäst’gen.
     Weckte eine Honighitze,
Weckte eine süße Hitze
Durch die glühendheißen Steine,
Durch die brennendheißen Blöcke,
Redet Worte solcher Weise,

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Läßt auf diese Art sich hören:

„Komme, Gott, zur Badehitze,
Lüftevater, in die Wärme,
Uns Gesundheit zu verleihen,
Um uns Ruhe zu bereiten!
Wische fort die heil’gen Funken,
Lösche aus die heil’gen Schlacken,
Schlag’ der Hitze Unmaaß nieder,
Send’ hinaus die schlechte Hitze,
Daß sie nicht dein Kind verbrenne,

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Dein Geschöpf sie nicht verletze!“

     „Welches Wasser ich nun sprütze
Auf die Steine voller Hitze,
Dieses werde gleich zu Honig,
Soll als süßer Seim gleich rieseln;
Mag der Honigstrom dann fließen,
Sich der Honigsee ergießen
Durch die Steine dieses Ofens,
Durch die moosbedeckte Badstub’!“
     „Werden schuldlos nicht verzehret,

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Nicht getödtet ohne Krankheit,

Ohn’ Erlaubniß von dem Schöpfern,
Ohne Tod, den Gott gesendet;
Wer uns ohne Schuld verzehret,
Komm’ das eigne Wort zum Munde,
Zu dem Kopfe schlechte Lage,
Zu ihm selber böses Sinnen!“
     „Sollt’ in mir ein Mann nicht stecken
Nicht ein Held im Sohne Ukko’s,
Um vom Übel zu erlösen,

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Von dem Unglück zu befreien,

Ist ein Mann noch Ukko selber,
Der die Wolken selber lenket,
Der auf Dürrewolken weilet,
Der die Lämmerwolken leitet.“
     „Ukko, du, o Gott dort oben,
Höchster auf den Wolken oben,
Komm herbei, du bist vonnöthen,
Eile her, da man dich bittet,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)