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     Doch sein Schwert blieb dorten stecken,
Haftet in des Fisches Rachen;
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Zog den Fisch nun in die Höhe,
Zog den Hecht hoch aus dem Wasser:

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Dieser bricht darauf in Stücke,

Auf den Boden stürzt der Fischschweif,
In das Boot der Kopf des Hechtes.
     Wieder konnt’ der Nachen laufen,
Kam das Boot von seiner Stelle;
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Lenkt das Boot zu einer Klippe,
Treibt den Nachen hin zum Strande,
Schaut und blickt nach allen Seiten,
Nach des Hechtkopfs Trümmerstücken,

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Selber spricht er diese Worte:

„Wer der älteste der Jungen,
Soll den Hecht hier mir zerspalten,
Soll den Fisch in Scheiben schneiden,
Soll den Kopf in Stücke schlagen!“
     Sprachen aus dem Boot die Männer,
Von den Kanten so die Weiber:
„Schöner sind des Fängers Hände,
Heiliger sind seine Finger.“
     Wäinämöinen alt und wahrhaft

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Holt das Messer aus der Scheide,

Von der Hüft’ das kalte Eisen,
Daß den Hecht er damit spalte,
Diesen Fisch in Stücke schneide,
Selber spricht er diese Worte:
„Wer die jüngste von den Jungfraun,
Soll den Hecht hier für mich kochen,
Mir zu einem Frühstücksbissen,
Mir zu einem schönen Schmause!“
     Kochen gingen nun die Jungfraun,

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Um die Wette zehn der Jungfraun;

So nun ward der Hecht gekochet
Zu den Bissen eines Mahles,
Auf der Klippe blieben Knochen,
Fischesgräten auf dem Felsen.
     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Blickte hin auf diese Gräten,
Schaut’ sie an von allen Seiten,
Redet’ Worte solcher Weise:
„Was wohl könnte hieraus werden,

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Aus den Zähnen dieses Hechtes,

Aus den weitgestreckten Kiefern,
Wär’n sie in des Schmiedes Esse,
Bei dem kund’gen Schmiedekünstler,
In der Hand des klugen Mannes?“
     Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Nichts kann aus dem Nutzenlosen,
Aus des Fisches Gräten werden,
Niemals in des Schmiedes Esse,
Bei dem kund’gen Schmiedekünstler,

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In der Hand des klugen Mannes.“

     Wäinämöinen alt und wahrhaft
Redet selber diese Worte:
„Dennoch kann aus ihnen werden,
Aus den Gräten eine Harfe,
Wenn ein Künstler sich nur fände,
Sie zu einem Spielzeug schüfe.“
     Da kein andrer Künstler nahte,
Keiner, der die Gräten fügte,
Sie zu einem Spielzeug bindet,

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Macht der alte Wäinämöinen

Selber sich an das Verbinden,
Machet selber sich zum Künstler;
Macht ein Spielzeug aus den Gräten,
Macht ein Werkzeug ew’ger Freude.
     Woher ist der Harfe Wölbung?
Aus des großen Hechtes Kiefer!
Woraus sind der Harfe Stifte?
Aus des grossen Hechtes Zähnen;
Woraus sind der Harfe Schrauben?

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Aus dem Haar des Hiifi-Wallachs.

     Schon bereitet war das Spielzeug,
Fertig war bereits die Harfe,
Aus des Hechtes Bein das Spielzeug,
Aus der Gräte schon die Harfe.
     Kamen nun die jungen Männer,
Kamen die beweibten Helden,
Kamen halberwachsne Knaben,
Kamen kleine Mädchen ferner,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_237.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)