Auf den Boden seiner Esse
Zu dem Rande seines Ofens,
Sieht die Klinge schon entstehen,
Sieht den goldnen Griff sich bilden.
Nimmt die Masse aus dem Feuer,
Nimmt das herrliche Geschmiede
Aus der Esse auf den Amboß
Zu des Hammers munterm Klopfen,
Schmiedet nun ein Schwert nach Wunsch sich,
Ziert’ sie aus mit gutem Golde,
Schmückte sie mit schönem Silber.
Wäinämöinen alt und wahrhaft
Kam nun selbst um zuzusehen;
Nahm die Klinge voller Feuer
In die rechte seiner Hände,
Wendet sie nach allen Seiten,
Redet Worte solcher Weise:
„Paßt das Schwert auch zu dem Manne,
Paßte wohl das Schwert zum Manne,
Zu dem Träger wohl die Klinge,
An der Spitze strahlt das Mondlicht,
Auf der Fläche scheint die Sonne,
Sterne schimmerten am Griffe,
An der Schneid’ ein Rößlein wiehert,
Auf dem Knopfe sitzt ein Kätzlein,
Auf der Scheide bellt ein Hündlein.
Ziehet hin und her die Klinge
Selber spricht er diese Worte:
„Möchte schon mit dieser Schneide
Feste Berge bald durchhauen,
Felsen bald zur Hälfte spalten.“
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Redet Worte solcher Weise:
„Womit soll ich mich, o Ärmster,
Womit wir uns, Kühner, schützen,
Womit schirmen, womit gürten
Kleid’ ich mich in einen Harnisch,
Soll ein Eisenhemd ich anziehn,
Soll ich einen Stahlgurt umthun?
Stärker ist der Mann im Harnisch,
Besser in dem Eisenhemde,
Kräftiger der Held im Stahlgurt.“
Kam die Zeit um fortzuziehen,
Eilt’ die Stunde aufzubrechen;
Wäinämöinen war der eine,
Gingen um das Roß zu suchen,
Nach dem stoppelmähn’gen Füllen,
Mit den Zügeln in dem Gurte,
Mit Geschirren auf den Schultern,
Suchten beide nach dem Pferde,
Schauten nach dem Kopf im Walde,
Spüren scharfen Blicks dasselbe
In des dunkeln Waldes Umkreis;
Bis im Hain das Roß sie finden,
Wäinämöinen alt und wahrhaft,
Mit ihm Schmieder Ilmarinen
Drückten an den Kopf die Riemen,
An des Rosses Maul die Zügel;
Rasselnd fuhren sie des Weges,
Beide an dem Meeresufer,
Jammern hören sie vom Strande,
Klagen von dem Stapelplatze.
Wäinämöinen alt und wahrhaft
„Muß ein Mädchen dorten weinen,
Muß ein Mädchen dort wohl jammern,
Sollen wir uns nicht verfügen
In die Näh’ um zuzuschauen?“
Selber schritt er darauf näher,
Ging heran um zuzuschauen,
War kein Mädchen, das da weinte,
Auch kein Mädchen, das da jammert’:
War ein Boot, das dorten weinte,
Sprach der alte Wäinämöinen,
An des Bootes Seite stehend:
„Weßhalb weinst du, Plankennachen,
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_230.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)