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     Stieß der Schmieder Ilmarinen
Drauf das Schaf zurück in’s Feuer,
Fügte noch hinzu vom Golde,
Macht des Silbers Masse größer,
Stellt die Knechte hin zum Blasbalg,
Läßt die Tagelöhner blasen.
     Eifrig blasen da die Knechte,
Drücken rasch die Tagelöhner
Mit den Händen ohne Handschuh,

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Mit den Schultern ohne Hüte;

Selbst der Schmieder Ilmarinen
Schüret emsig um die Esse,
Will aus Gold sich ein Gebilde,
Eine Braut aus Silber schaffen.
     Gut nicht blasen seine Knechte,
Kraftlos drücken sie den Blasbalg,
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Fängt nun an recht frisch zu blasen;
Bläset ein Mal, bläst das zweite,

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Darauf bei dem dritten Male

Schaut er auf der Esse Boden,
Auf den Rand von seinem Ofen,
Was wohl aus der Esse käme,
Was sich aus dem Feuer drängte.
     Aus dem Feuer springt ein Füllen,
Dringt hervor dicht vor dem Blasbalg,
Goldenmähnig, silberköpfig,
Seine Hufen ganz aus Kupfer,
Daß sich andre drüber freuen,

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Nicht sich Ilmarinen freuet.

     Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„Mag der Wolf dergleichen hoffen!
Wünsch’ aus Gold mir eine Gattin,
Eine Ehefrau aus Silber.“
     Stößt der Schmieder Ilmarinen
In das Feuer rasch das Füllen,
Füget noch hinzu vom Golde,
Mehret noch des Silbers Masse,
Stellet Knechte an den Blasbalg,

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Läßt die Tagelöhner blasen.

     Eifrig blasen da die Knechte,
Drücken rasch die Tagelöhner
Mit den Händen ohne Handschuh,
Mit den Schultern ohne Hüte;
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Schüret emsig in der Esse,
Will aus Gold sich ein Gebilde,
Eine Braut aus Silber schaffen.
     Gut nicht blasen seine Knechte,

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Kraftlos drücken sie den Blasbalg,

Selbst der Schmieder Ilmarinen
Fing nun an recht frisch zu blasen;
Bläset ein Mal, bläst das zweite,
Darauf bei dem dritten Male
Schaut er auf der Esse Boden,
Hin zum Rande seines Ofens,
Was wohl aus der Esse käme,
Was sich aus dem Feuer drängte.
     Kommt ein Mädchen aus der Esse,

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Von dem Balg mit goldner Flechte,

Silberhäuptig, goldenlockig,
Wunderschön am ganzen Leibe;
Daß die andern Furcht empfinden,
Ilmarinen sich nicht fürchtet.
     Darauf schmiedet Ilmarinen,
Er, der Schmieder, das Gebilde,
Schmiedet Nächte ohn’ zu ruhen,
Tagelang ohn’ anzuhalten;
Füße gab er wohl der Jungfrau,

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Füße ihr und bildet’ Hände,

Doch nicht taugt der Fuß zum Gehen,
Nicht die Arme zum Umarmen.
     Schmiedet Ohren wohl der Jungfrau,
Doch nichts hören konnten diese;
Meisterhaft schuf er den Mund ihr,
Schön den Mund, die Augen lebhaft,
Leider war der Mund ihr wortleer,
Ohne Anmuth auch das Auge.
     Sprach der Schmieder Ilmarinen:

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„Wäre eine schöne Jungfrau,

Wenn sie Worte nur besäße,
Mit Besinnung eine Zunge.“
     Zog darauf die schöne Jungfrau
Auf sein weiches Federlager,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_223.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)