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     „Diese stürzte schon zum Tode,
Ist dem Untergang verfallen
In dem wilden Wasserfalle,
In dem wallungsreichen Wirbel;
Selber kann ich nun nicht einsehn,
Nicht begreifen und errathen,
Wo ich mir den Tod nun finden,

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Wo ich, Armer, sterben könnte:

In dem Maul des Wolfs voll Heulen,
In des brumm’gen Bären Rachen
Oder in dem Bauch des Wallfischs,
Durch den Zahn der Meereshechte?“
     Antwort giebt ihm so die Mutter:
„Gehe nicht, o liebes Söhnchen,
In das Maul des Wolfs voll Heulen,
In des brumm’gen Bären Rachen,
Geh’ nicht in den Bauch des Wallfischs,

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Zu der Hechte grimmen Zähnen!

Groß genug ist Suomi’s Landzung’,
Sawo’s Gränzen weitgestrecket,
Um des Mannes Schmach zu bergen,
Seine Unthat zu verdecken,
Sie zu bergen sechs der Jahre,
Ja, gar neun in einem Striche,
Bis die Zeit ihm Frieden gönnet
Jahre seinen Kummer lindern.“
     Kullerwo, der Sohn Kalerwo’s,

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Redet Worte solcher Weise:

„Gehe nicht mich zu verbergen,
Nicht der Unthat zu entfliehen,
Gehe zu des Todes Rachen,
Zu der Thür vom Hofe Kalma’s,
Zu den großen Kampfgefilden,
Zu dem Streitplatz muth’ger Männer:
Noch ist Unto auf den Beinen,
Ungefährdet noch der Schlechte,
Ungerächt des Vaters Schmerzen,

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Unbezahlt der Mutter Marter,

Andre Drangsal abgerechnet,
Wie ich selber bin behandelt.“

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)