Seite:Kalewala, das National-Epos der Finnen - 159.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Geldes Taschen auf den Feldern,

670
Geldes Beutel auf den Gassen

Bei den eingeladnen Gästen,
Zu der Gäste großem Ruhme.“
     Wäinämöinen alt und wahrhaft,
Er, des Sanges kräf’tge Stütze,
Schwang sich nun in seinen Schlitten,
Fuhr gerade drauf nach Hause;
Sang beständig seine Lieder,
Sang beständig, übte Zauber,
Singet ein Lied, singt ein zweites,

680
Bei dem dritten seiner Lieder

Klingt die Kufe an dem Steine,
Hängt die Leiste an dem Baumstumpf,
Bricht der Schlitten von dem Sange,
Wird die Kufe krumm gebogen,
Kracht die Leiste von einander,
Stürzen nieder breit die Seiten.
     Sprach der alte Wäinämöinen,
Redet’ selber solche Worte:
„Ist wohl hier in dieser Jugend,

690
In dem wachsenden Geschlechte

Oder in der Schaar der Alten,
In dem sinkenden Geschlechte
Einer, der in’s Reich Tuoni’s,
In das Haus von Mana ginge,
Der den Bohrer von Tuoni,
Mir von Mana ihn besorgte,
Daß ich einen neuen Schlitten,
Einen neuen Sitz mir zimmre?“
     Was die jungen Leute sprachen,

700
War zugleich der Alten Antwort:

„Nicht ist hier in dieser Jugend,
Auch nicht in der Schaar der Alten,
In dem noch so großen Stamme
Solch ein Held mit diesem Muthe,
Daß er nach dem Reich Tuoni’s,
Nach dem Hause Mana’s ginge,
Um von Tuoni einen Bohrer,
Aus des Mana Haus zu holen,
Daß du einen neuen Schlitten

710
Mit dem neuen Sitze zimmerst.“

     Ging der alte Wäinämöinen,
Er, der ew’ge Zaubersprecher,
Wiederum in’s Reich Tuoni’s,
Wandert’ zu dem Hause Mana’s,
Bracht’ den Bohrer von Tuoni,
Holt’ ihn aus dem Hause Mana’s.
     Darauf singet Wäinämöinen
Einen blauen Hain zum Vorschein:
Ebne Eichen in dem Haine

720
Und gar schlanke Ebereschen,

Zimmert sie zu seinem Schlitten,
Krümmet sie zu seiner Kufe,
Sucht sie aus zu seinen Leisten,
Wendet sie zu seinem Krummholz,
Bringt den Schlitten so zu Stande,
Einen neuen so in Ordnung,
Spannt das Füllen in’s Geschirre,
Spannt es vor den braunen Schlitten,
Setzt sich selber in den Schlitten,

730
Läßt sich in demselben nieder;

Ohne Gerte lief das Rößlein,
Ungeschlagen von der Peitsche,
Zu dem längstgewohnten Futter,
Zu der gutverwahrten Nahrung,
Bracht’ den alten Wäinämöinen,
Ihn, den ew’gen Zaubersprecher,
Zu der eignen Thüre Öffnung,
Hin zu seiner eignen Schwelle.

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_159.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)