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Blumen sind des Ofens Stützen,
Brachsenschuppen sind die Decke.“
     „Ganz von Eisen ist die Sitzbank,
Deutsche Planken sind am Boden,
Goldgeschmückt sind auch die Tische,

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Seide deckt den ganzen Boden.“

     „Kupfern ist des Ofens Masse,
Gute Steine sind am Herde,
Meeresstein am Dach des Ofens,
Kalew’s Baum dient zum Verschlage.“
     In die Stube drang der Freier,
Eilt’ behende in die Wohnung,
Redet Worte solcher Weise:
„Laß, o Gott, Gesundheit kommen
Zu den weitberühmten Sparren,

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Zu dem schöngebauten Hause!“

     Sprach die Wirthin von Pohjola:
„Voll Gesundheit sei dein Kommen
In den kleinen Raum der Stube,
In das Haus, das niedrig stehet,
In die tannenreiche Wohnung,
In die fichtenreiche Stätte!“
     „Heda! Mädchen, das mir dienet,
Du gedungne Magd des Dorfes!
Bringe Feuer mit der Rinde,

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Bring’ es auf des Kienspans Spitze,

Daß den Eidam ich betrachte,
Ich des Freiers Auge schaue,
Ob sie bläulich oder bräunlich
Oder weißlich wie die Linnen.“
     Brachte nun das kleine Mädchen,
Die gedungne Magd des Dorfes
Feuer mit der Birkenrinde,
Bracht’ es auf des Kienspans Spitze.
     „Auf der Rinde lärmt das Feuer,

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Schwarz erhebet sich der Theerrauch,

Eidams Auge würd’ geräuchert,
Und geschwärzt des Antlitz’s Farbe;
Bringe Feuer mit der Kerze,
Mit dem Licht von weißem Wachse!“
     Brachte nun das kleine Mädchen,
Die gedungne Magd der Dorfes
Feuer mit der langen Kerze,
Mit dem Licht von weißem Wachse.
     Glänzend ist der Rauch des Wachses,

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Hell das Feuer von der Kerze,

Macht des Eidams Augen sichtbar,
Läßt des Eidams Wangen glänzen.
     „Sah bereits des Eidams Augen,
Sind nicht bläulich, sind nicht röthlich,
Sind nicht weißlich wie die Linnen,
Glänzend wie der Schaum des Meeres,
Bräunlich wie des Meeres Binsen,
Schön zu schauen wie das Schilfrohr!“
     „Küchlein ihr, des Dorfes Knaben,

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Führet jetzo meinen Eidam

Hin zu hochgelegnen Sitzen,
Zu dem allerhöchsten Platze,
An der blauen Wand der Rücken,
Mit dem Kopf zum rothen Tische,
Allen Gästen zugewendet,
Mit der Brust zum Lärm des Haufens!“
     Darauf speist des Nordlands Wirthin,
Speist und tränkt sie ihre Gäste,
Sättigt sie mit weicher Butter,

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Nähret sie mit schönen Klößen,

Ihre eingeladnen Gäste,
Vor den andern ihren Eidam.
     Aufgeschichtet waren Lachse,
An den Seiten Schweinebraten,
Vollgefüllet die Geschirre,
Daß die Ränder kaum noch halten
Zu der Eingeladnen Speisung
Und des Eidams vor den andern.
     Sprach die Wirthin von Pohjola:

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„Du mein liebes, kleines Mädchen,

Bringe Bier nun in den Krügen,
Bring es in den doppelöhr’gen
Zu den eingeladnen Gästen,
Zu dem Eidam vor den andern!“
     Brachte nun das kleine Mädchen,
Sie die Magd, für Geld gemiethet,
Her den Krug, daß er nun wirke,
Daß der reifenreiche wandre,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_122.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)