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In der schönen Kapo Händen,
In der guten Jungfrau Fingern,
Wenn ich’s in die Hände Kapo’s,
Zu der guten Jungfrau bringe?““
     „Trug es in die Hände Kapo’s,
Zu der guten Jungfrau Fingern,
Kapo reibet ihre Hände,

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Drückt zusammen beide Hände

An den beiden Oberschenkeln,
Es entsteht daraus ein Bienchen.“
     „Also rathet sie dem Vöglein,
Giebt dem Bienchen diese Weisung:
„„Bienchen, du, o flinkes Vöglein,
König du der Wiesenblumen,
Fliege hin, wohin ich schicke,
Ich dich schicke und entsende:
Zu den Inseln auf dem Meere,

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Zu den Klippen in den Fluthen,

Wo ein Mädchen eingeschlafen,
Ihr entrollt der Kupfergürtel,
An den Seiten Gras voll Honig,
Süßes Kraut an ihrem Saume,
Bring’ den Seim mit deinen Flügeln,
Bring’ in deiner Hülle Honig,
Aus den schönen Kräuterkronen,
Aus den goldnen Blumenkelchen,
Bring’ ihn in die Hände Kapo’s,

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Zu der Osmotochter Schultern!““

     „Bienchen nun das flinke Vöglein
Flieget schon und eilt geschwinde,
Flieget rasch die langen Wege,
Kürzet bald die weiten Strecken
Durch der Meere Läng’ und Breite,
Flieget drittens in die Quere
Nach den Inseln auf dem Meere,
Nach den Klippen in den Fluthen,
Sieht daselbst die Jungfrau schlummern,

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Sieht die zinngeschmückte liegen

Auf der namenlosen Wiese,
An dem Rand des Honigfeldes,
An den Hüften goldne Kräuter,
An dem Gürtel Silbergräser.“
     Taucht die Flügel in den Honig,
Taucht die Federn in die Süße
Von den schönen Kräuterkronen,
Von den goldnen Blumenspitzen,
Trug ihn in die Hände Kapo’s,

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Zu der schönen Jungfrau Fingern.“

     „“Osmotar that ihn zum Biere,
Kapo legte ihn zum Dünnbier,
Endlich kam das Bier in Gährung,
Stieg der junge Trank nach oben
Auf des neuen Fasses Boden,
In dem Raum des Birkenzubers,
Schäumte auf bis an die Griffe,
Floß da über alle Ränder,
Wollte auf die Erde rieseln,

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Wollt’ sich auf den Boden senken.“

     „Wenig Zeit war hingegangen,
Kaum ein Augenblick verflossen,
Stürzten zu dem Trank die Helden,
Vor den andern Lemminkäinen,
Trunken wurde Ahti Kauko,
Trunken ward der muntre Bursche
Von dem Bier der Osmotochter,
Von der Kalewtochter Dünnbier.“
     „Osmotar, die Bier bereitet,

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Kapo, die das Dünnbier brauet,

Redet Worte solcher Weise:
„„Weh mir Armen ob des Lebens,
Daß das Bier ich schlecht gestellet,
Es nicht ordentlich gelagert,
Daß es aus dem Zuber fließen,
Auf den Boden fluthen mußte.““
     „Von dem Baume sang der Rothschwanz,
Von dem Dache her die Drossel:
„„Ist durchaus kein schlecht Getränke,

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Ist fürwahr ein gut Getränke

In die Tonnen einzufüllen,
In die Keller fortzuschaffen
In den festen Eichentonnen,
Die mit Kupfer gut bereifet.““
     „Also war des Biers Entstehung,
War des Kalewdünnbiers Ursprung,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_116.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)