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Redet auf dem Boden stehend,

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Vor der Thüre, bei dem Sparren,

Redet Worte solcher Weise,
Läßt auf diese Art sich hören:
„Willst du, schöne Jungfrau, werden
Lebenslänglich meine Gattin,
Meine Tage mit mir theilen
Als ein heißgeliebtes Hühnchen?“
     Nordlands schöne Jungfrau selber
Giebt geschwinde diese Antwort:
„Hast du schon das Boot gezimmert,

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Schon gebaut das große Fahrzeug

Aus den Splittern meiner Spindel,
Aus den Trümmern meiner Spuhle?“
     Sprach der alte Wäinämöinen,
Redet selber solche Worte:
„Hab’ ein schönes Boot gezimmert,
Gut gefüget diesen Nachen,
Daß dem Winde Stand er halte
Und dem Wetter widerstehe,
Wenn er durch die Wogen treibet,

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Auf dem Meeresrücken gleitet,

Wie ein Bläschen sich erhebet,
Wie ein Blümchen sich beweget
Durch des Nordlands weite Fluthen
Durch die schaumbedeckten Wogen.“
     Nordlands schöngewachsne Tochter
Gab zur Antwort diese Worte:
„Mir gefällt kein Mann vom Meere,
Keiner der auf Wogen weilet,
Seinen Sinn entführen Stürme,

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Sein Gehirn zerschlagen Winde,

Deshalb mag ich dir nicht folgen,
Mag ich mich an dich nicht binden
Als Gefährtin für das Leben,
Als ein heißgeliebtes Hühnchen,
Dir die Schlafstatt zu besorgen
Und für deinen Kopf das Kissen.

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_104.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)