Aber ich ein Mann, wenn einer,
War auch dabei nicht in Nöthen,
Wurde selbst ein Zaubersprecher,
Fing da selber an zu singen,
Sang die Zaubrer mit den Pfeilen,
Sang die Kund’gen mit den Messern,
Sie, die Sänger mit dem Stahle,
Zu dem jähen Wasserfalle,
Zu dem grausenhaften Strudel,
Zu den allerhöchsten Strudeln,
Zu den allerschlimmsten Wirbeln;
Dorten mögen sie nun schlummern,
Dort die Zaubrer ruhig schlafen,
Bis das Gras nach oben schießet
Durch der Zaubrer Schulterblätter,
Durch das Fleisch an ihren Seiten,
Der in Schlaf versunknen Zaubrer,
Der in Schlummer festgebannten.“
Immer mahnet ab die Mutter
Lemminkäinen von dem Gehen,
Will den Sohn die Mutter halten,
Und das Weib den Mann bestimmen:
„Gehe, Liebster, nicht von hinnen
Nach dem nimmerhellen Nordland!
Schaden drohet dort beständig,
Schaden dort dem armen Manne,
Unglück dir, o Lemminkäinen;
Sprichst du auch mit hundert Zungen,
Ist’s doch schwer gewiß zu glauben,
Nimmer bringst mit deinem Singen
Du des Nordens Söhn’ ins Wasser,
Kannst ja nicht die Turjasprache,
Lemminkäinen kämmte grade,
Selbst der muntre Kaukomieli
Seines Hauptes schöne Haare,
Bürstet fleißig diese Zierde,
Wirft zur Wand die Bürste heftig,
Schleudert sie zum Ofenpfosten,
Redet Worte solcher Weise,
Läßt sich selber also hören:
„Dann trifft Unglück Lemminkäinen,
Wenn die Bürste Blut vergießet,
Aus derselben roth es fließet.“
Ging der muntre Lemminkäinen
Nach dem nimmerhellen Nordland,
Trotzend dem Verbot der Mutter,
Nicht beachtend ihre Warnung.
Rüstet sich, legt um den Gürtel,
Ziehet an das Hemd von Eisen,
Thut sich in den Stahlesgürtel,
„Kräft’ger ist der Mann im Panzer,
In dem Eisenhemde besser,
Mächt’ger mit dem Stahlesgürtel
Unter jenen Zauberkund’gen,
Daß den Schlechtsten er nicht fürchte,
Nicht den Stärksten selbst beachte.“
Griff darauf nach seinem Schwerte,
Raffte rasch das Feuerschneid’ge,
Das bei Hiisi scharf geschliffen,
Band es sich an seine Seite,
Steckt’ es in der Scheide Leder.
Wo ist’s, wo der Mann sich hütet,
Sich der kecke Held beschirmet?
Schützet dorten sich ein wenig,
Dort beschirmet sich der Kecke,
An der Thüre bei dem Sparren,
In der Stub’ am Fackelpfosten,
Auf dem Hofe an der Straße,
Hütet sich der Mann auch dorten
Fleißig vor dem Weibervolke,
Doch nicht stark genug ist solches,
Nicht will solche Vorsicht helfen,
Ferner mußte er sich hüten
Vor dem Volke starker Männer
Wo der Weg sich doppelt theilet
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_061.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)