Seite:Kalewala, das National-Epos der Finnen - 041.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In den schwankungsreichen Sümpfen,
In den sprudelreichen Quellen,
Auf der Sümpfe breitem Rücken,
An des jähen Berges Abhang,
Wo die Schwäne Eier legen,
Wo die Gänse fleißig brüten.“
     „In dem Sumpfe steckt das Eisen,
Dehnt sich aus im Wasserlande,
Ist verborgen zwei der Jahre,

90
Bleibt verborgen noch im dritten

Zwischen zweien Baumes Stumpfen,
Unter dreier Birken Wurzeln,
War jedoch noch nicht entronnen
Seines Bruders wilden Händen,
Sollte noch zum zweiten Male
Kommen in des Feuers Stube,
Daß zu Speeren und zu Schwertern
Es daselbst geschmiedet würde.“
     „Auf dem Sumpfe liefen Wölfe

100
Von der Haide kamen Bären,

Bei dem Wolfstritt bebt der Morast,
Bei dem Bärenschritt die Felder,
Und zum Vorschein kam das Eisen,
Kamen starke Stahles Stangen,
Wo des Wolfes Füße gingen,
Wo des Bären Tatzen weilten.“
     „Ilmarinen war geboren,
War geboren und gewachsen,
Auf dem Kohlenberg geboren,

110
Auf der Kohlenflur gewachsen,

In der Hand den Kupferhammer,
In der Faust die kleinen Zangen.“
     „In der Nacht ward er geboren,
Baut am Tage seine Schmiede,
Sucht zur Schmiede eine Stelle,
Wo der Blasbalg auszubreiten:
Siehet einen Sumpf mit Hügeln,
Land, das wohl nicht ohne Nässe;
Ging dorthin es anzuschauen,

120
In der Nähe zu betrachten,

Dorthin schafft er seine Bälge,
Dorthin setzt er seine Esse.“
„Eilet auf des Wolfes Tritten,
Folgt der Bärentatzen Spuren,
Sieht des Eisens junge Sprossen,
Sieht die Barren schönen Stahles
In des Wolfes großen Spuren,
In des Bären breiten Tritten.“
     „Redet Worte solcher Weise:

130
„„O du armes, liebes Eisen,

Bist fürwahr an schlechter Stelle,
Bist gar niedrig hier gebettet,
Wo der Wolf im Sumpfe schreitet,
Stets des Bären Tatzen drücken!““
     „Dachte nach und überlegte:
Was wohl würde daraus werden,
Wenn ich es in’s Feuer brächte,
In die Esse es versetzte?“
     „Sehr erschrickt das arme Eisen,

140
Ist voll Schreckens, ihm wird bange,

Als vom Feuer es nur hörte,
Von des Feuers tollem Treiben.“
     „Sprach der Schmieder Ilmarinen:
„„Also sei es keinesweges,
Nicht verbrennt das Feuer Freunde,
Schadet nimmer den Verwandten!
Kommst du in des Feuers Stube,
Zu dem Aufenthalt der Flamme,
Wirst gar schön empor du wachsen,

150
Wirst gar kräftig du gedeihen,

Wirst zum schönen Schwert des Mannes,
Wirst zur Schnall’ am Weibergürtel.““
     „An dem Ende dieses Tages
Ward das Eisen aus dem Sumpfe,
Aus dem Wasserland gegraben,
Nach der Esse hingetragen.“
     „In das Feuer that’s der Schmieder,
Legt es in die Feueresse,
Setzt den Blasbalg in Bewegung,

160
Läßt ihn dreimal kräftig blasen:

Da zerfließt zu Brei das Eisen,
Es zerdehnet sich in Blasen,
Wurde gleich dem Waizenteige,
Weich wie Teig zum Roggenbrote

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_041.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)