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Kalender 1914 für den Kreis Niederbarnim

Kloster bei der Germanisierung und dem Einzug des Christentums zur Zeit Albrechts des Bären oder doch Ende des 12. Jahrhunderts schon gestiftet worden ist. Dem Hauptsitze der Wanda gegenüber befand sich also eine Pflanzstätte christlichen Wesens und Lebens. Trümmer des Klosters sind in nicht zu großer Tiefe gefunden worden. Seine Stelle hat früher ein Kreuz bezeichnet.

Die Wanda ist in der polnischen Sagengeschichte gleichsam eine mythische Person, die schöne Tochter Krakus, dem zu Ehren und zu seinem Gedächtnis die Stadt Krakau erbaut sein soll. Wanda verblieb jungfräulichen Standes; sie wurde von einem deutschen Fürsten mit Krieg überzogen, der aber, überzeugt von der Unmöglichkeit, sie zu überwinden, vor inbrünstiger Liebe zu ihr und vor Verzweiflung sich in sein Schwert stürzte.

Eines Zurückgehens auf die sehr zweifelhafte Kunde von der altslawischen Göttin Wanda bedarf es jedoch zur Erklärung des Ortsnamens nicht; denn daß er echt slawischen Ursprungs ist, unterliegt keinem Zweifel.

Am Badestrand des Wandlitzsees.

Zu den häufigen Endsilben slawischer Namen gehört die männliche Bildungssilbe „ik“, die der weiblichen Silbe „ice“ entspricht, woraus später die deutsche Endsilbe „itz“ wurde. Beide Endsilben bezeichnen u. a. einen Aufenthalts- und Aufbewahrungsort derjenigen Gegenstände, welche durch das Wurzelwort ausgedrückt werden. Die Wurzel aber des Namens Wandlitz ist in dem altpolnischen Worte „Wada“ ausgedrückt, das bedeutet soviel wie Angel, Fischangel, die noch heute in Rußland, wenn sie eine besondere Form einer Reuse hat, „Wanda“ genannt wird.

So läßt sich der Name Wandlitz aus der Lage an einem großen fischreichen See auf die ungezwungenste Weise erklären. Den See in seiner heutigen Gestalt, der das Landschaftsbild auf das anmutigste belebt, zeigen die beigegebenen Bilder. Der Ort wird als Seebad, Luftkur- und Erholungsort seit Jahren rege besucht, und wer Wandlitz vor etwa 2 Jahrzehnten gesehen, würde es heute nicht mehr wiedererkennen. Es ist eine schmucke Villenstadt geworden, die neben einer bequemen

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: Kalender 1914 für den Kreis Niederbarnim. Wilhelm Möller, Oranienburg 1914, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalender_1914_f%C3%BCr_den_Kreis_Niederbarnim.pdf/61&oldid=- (Version vom 26.9.2018)