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Von jetzt ab kümmerte sich aber der Offizier kaum mehr um ihn. Er ging auf den Reisenden zu, zog wieder die kleine Ledermappe hervor, blätterte in ihr, fand schliesslich das Blatt, das er suchte, und zeigte es dem Reisenden. „Lesen Sie,“ sagte er. „Ich kann nicht,“ sagte der Reisende, „ich sagte schon, ich kann diese Blätter nicht lesen.“ „Sehen Sie das Blatt doch genau an,“ sagte der Offizier und trat neben den Reisenden, um mit ihm zu lesen. Als auch das nichts half, fuhr er mit dem kleinen Finger in grosser Höhe, als dürfe das Blatt auf keinen Fall berührt werden, über das Papier hin, um auf diese Weise dem Reisenden das Lesen zu erleichtern. Der Reisende gab sich auch Mühe, um wenigstens darin dem Offizier gefällig sein zu können, aber es war ihm unmöglich. Nun begann der Offizier die Aufschrift zu buchstabieren und dann las er sie noch einmal im Zusammenhang. „‚Sei gerecht!‘ – heisst es,“ sagte er, „jetzt können Sie es doch lesen.“ Der Reisende beugte sich so tief über das Papier, dass der Offizier aus Angst vor einer Berührung

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Franz Kafka: In der Strafkolonie. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1919, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kafka_In_der_Strafkolonie_(1919).pdf/52&oldid=- (Version vom 1.8.2018)