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Nachgeben an den Zeitgeist spricht sich auch in der Verordnung aus, durch welche die meisten kleineren Feste auf den nächstfolgenden Sonntag verlegt, die dritten hohen Festtage aber abgeschafft wurden; dagegen führte man in den sonntäglichen Vormittagsgottesdienst die s. g. Vorlesungen ein. Um die Pastoren zum Fortschreiten in der Theologie anzutreiben, wurde ein neues Examen angeordnet für die Prediger, die eine Beförderung suchten, die s. g. Conferenz. Die Candidaten sollten erst nach vollendetem 24sten Lebensjahre das Amtsexamen bestehen dürfen. Den Studiosen wurde in der Wahl der Universität freie Hand gelassen. Das Schulwesen wurde durch eine treffliche neue Schulordnung geregelt, dagegen die von Pratje neu überarbeitete Havemann’sche Kirchenordnung vom Ministerium abgelehnt. Regelmäßig hielt Pratje jährlich in 2 Kirchenkreisen General-Kirchenvisitationen, die er durch Sendschreiben an die gesammte Geistlichkeit über irgend eine theologische oder historische Materie anzukündigen pflegte. Aber bei der großen Ausdehnung der Amtsgeschäfte fand sein eiserner Fleiß doch noch Muße zu mancherlei schriftstellerischen Arbeiten. Er gab Sammlungen von Predigten der Pastoren seines Bezirks heraus unter dem Titel: Bremische Bemühungen in Predigten. Mit besonderer Vorliebe beschäftigte er sich mit der Geschichte und den Antiquitäten unserer Provinz und lieferte höchst werthvolle Beiträge dazu in den Sammlungen: Altes und Neues aus den Herzogthümern Bremen und Verden. Einer Menge von Zeitschriften sandte er Abhandlungen ein und man muß sich wundern über die Mannigfaltigkeit der Gegenstände, über die er zu schreiben wußte. Da finden sich nicht bloß theologische Aufsätze, sondern nicht minder naturhistorische (z. B. über die Aale, über Regenwürmer), medicinische (z. B. vom Gebrauche des weißen Pfeffers zur Stärkung des Magens), haushälterische (z. B. wie der widrige Geruch der Betten zu verhüten) u. s. w.

Pratje erfreute sich großer Liebe und hohen Ansehens bei Predigern und Gemeinden. Auch außerhalb der Provinz wurden seine Verdienste anerkannt und mehrere Ehrenbezeugungen ihm zu Theil. Die ihm 3 mal angetragene

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_155.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)