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nichts Wichtigeres vornehmen zu können, als die kirchlichen Verhältnisse zum Segen der Gemeinden sorgfältig zu ordnen. Diesen Bestrebungen mußten alle übrigen nachstehen. Wie jetzt für die Erde, wurde damals für den Himmel gearbeitet. Während man in unserer Zeit die festlichen Tage auf ein Mindestmaß beschränkt hat, und die Obrigkeiten fast mit Aengstlichkeit darüber wachen, daß der Arbeit nichts entzogen werde, suchte man damals auch die Wochentage möglichst mit kirchlicher Feier zu heiligen. Wir können dies namentlich aus der Kirchenordnung der Stadt Buxtehude erkennen. In dieser Stadt, deren kirchlicher Sprengel jetzt vielleicht 3000 Einwohner umfassen mag und in jener Zeit keinenfalls größer war, wurden drei Prediger angestellt, und im Jahre 1552 ihre geistliche Thätigkeit geordnet. Der Hauptpastor hatte nur ausnahmsweise Amtsgeschäfte: er sollte blos Prediger sein. Zwei Mal wöchentlich bestieg er die Kanzel, am Sonntage und Mittwoch; seine ganze Zeit und Kraft konnte er diesen Predigten widmen. Die beiden Diakonen, welche ihm zur Seite standen, hatten die Frühpredigt am Sonntag zu halten, Morgens 5 Uhr im Sommer, 6 Uhr im Winter. Es ist bei den Protestanten immer Sitte gewesen, abweichend von dem Gebrauch katholischer Länder, geschmückt zur Kirche zu gehen; den Armen und den mit der nothwendigen Arbeit des Hauses Belasteten sollte die Erquickung des göttlichen Worts nicht entzogen werden; sie konnten diesen kirchlichen Uebungen früh Morgens in Altagskleidern beiwohnen. Außerdem hatten die Diakonen die Vesperpredigt oder Mette und am Freitage einen kirchlichen Vortrag zu halten, wobei jedesmal der ganze kleine Katechismus dem Volke vorgesprochen werden mußte; dies war durchaus nöthig, denn es war das einzige Mittel, dem Gedächtnisse der Leute die lutherischen Glaubenslehren einzuprägen. Lesen und Schreiben lernten nur Bevorzugte, Voksschulen wurden erst später eingeführt, Bücher nützen denen nicht, welche keinen Buchstaben kannten. Erst im Jahre 1780 machten die Prediger darin Veränderungen. Die Schule war zu Kräften gekommen und konnte der Kirche in der Unterweisung beistehen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_139.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)