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20.
Abendgebet der Kinder.

Des Abends, wenn ik to Bedde ga
Veertein Engel mit my ga’n;
Twee to mynen Hö’ten,
(Häupten)
Twee to mynen Föten,
Twee to myner rechten Siet,
Twee to myner linken Siet,
Twee, de my decken,
Twee, de my wecken,
Twee, de my den rechten Weg wies’t
In dat himmlische Paradies –
Paradies, Paradies is upslaten
De Himmel is apen. –
Wat seh’ ick dort[1] hangen?
Slötter un Tangen.[2]
Da slap ick so söt
Achter leben Herrgott syn Föt.
Un wenn de bittre Dod kummt
Un will my besluten
So kummt de lebe Jesu
De den Himmel upslut! Amen.

Dieses uralte niedersächsische Kindergebet, aufgefunden und mitgetheilt vom Herrn Pastor Wiedemann, lebt noch heutiges Tages, wenigstens stückweise im Munde der Landleute. Es wird Jeden ansprechen, welcher sich den Sinn für einfache Frömmigkeit und kindliche Naivetät bewahrt hat. Sieben Engel-Paare stehen um das Bett des Kindes, und unter ihrem Schutze fürchtet es sich nicht vor der Hölle und ihren Martern, sondern schläft sicher, hinter den Füßen des auf seinem Throne sitzenden Herrgotts geborgen. Auch der Gedanke an den Tod verliert seine Bitterkeit, weil bei seinem Eintritte Jesus den Himmel aufschließt. –


  1. Blick auf die Hölle.
  2. „Schlösser und Zangen,“ Strafwerkzeuge für die Verdammten.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_133.png&oldid=- (Version vom 24.10.2017)