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eigener Bruder dem Domkapitel rieth, ihn abzusetzen und in’s Kloster zu stecken, aber es wurde nichts daraus. So mußte er geschehen lassen, was er nicht hindern konnte; es ist schwer, wider den Geist zu kämpfen. Neben dem Kummer, der ihn als katholischen Kirchenfürsten traf, mußte er auch manches andere Herzeleid erleben, welches ihn vielleicht noch bitterer verwundete. Berend von Wersabe zur Meienburg, der so oft an seinem Tische gesessen und fröhliche Stunden bei’m Becher mit ihm durchlebt hatte, sagte sich zuerst offen von ihm los und hielt sich zum Panier der neuen Lehre; es war ein Mann, der eine wilde Jugend am erzbischöftichen Hofe verlebt hatte, ein liebenswürdiger Gesellschafter von unzerstörbar fröhlicher Laune, voll Witz und Scherz, unbesiegbar im Trinken, dem kein Becher zu tief war „und wär’s bis zum Grund eine Meile“, wie er sagte. Der Erzbischof hatte ihn lieb, und doch war er der erste, welcher ihn verließ und aus einem lockern Gesellen ein ernster fester Mann wurde, schweigsam und in sich gekehrt, seines Willens sich bewußt, und als er einmal mit seiner Vergangenheit gebrochen hatte, weder mit Güte noch Gewalt zu beugen. Seinem Beispiel waren Andere gefolgt und wurden deshalb von denen, die sich unpartheiisch nennen, der Undankbarkeit beschuldigt, – ein Vorwurf, leicht auszusprechen und dann schwer zu tragen, wenn er ungerecht sein sollte: das war die Saite im Herzen des alten Küsters, welche so grell ertönte, als er von dem katholischen Wesen sich lossagte. Was hatte der Erzbischof, diese verkörperte Darstellung der Kirchenherrschaft, ihm zu Leide gethan, daß er ihn verließ? Er hatte ihm sein jetziges gutes Brod gegeben und früher so manches freundliche Wort; und das lastete auf seinem Herzen am Schwersten. Es war ihm eine Erleichterung und Freude, die Kirchenlehre verlassen zu können, deren Verderbtheit er eingesehen, aber es ward ihm schwer, zugleich einem Manne den Gehorsam aufzukündigen, welcher, wenn auch gegen Andere bisweilen hart und ungerecht, von ihm sich Dank verdient hatte.

Aeußerlich hatte die Einführung des gereinigten Evangeliums in dem Wohnorte unsers Küsters gar keine Schwierigkeit,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_129.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)