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derben Voß erinnert, „zum Teufel ist der Spiritus, das Phlegma ist geblieben.“

Der Küster hatte eine schöne Stimme. Schon als Jüngling hatte er sich durch dieses Talent ausgezeichnet und dadurch den Grund zu seinem jetzigen Lebensberufe gelegt. Der Pfarrer seines Orts hatte die Begabung an ihm bemerkt und ihn sowohl zur Ausbildung derselben angeregt, als auch mit nothdürftiger wissenschaftlicher Belehrung unterstützt, damit er in den Dienst der Kirche übergehen könne. Er war zu seiner Vervollkommnung, wie gebräuchlich, eine kurze Zeit auf dem erzbischöflichen Seminar in Bremen gewesen, wo der Singmeister in ihm einen talentvollen Schüler gefunden und nach besten Kräften ausgebildet hatte. Bald darauf war er als Küster im Osterstadischen angestellt. Die Stürme der Revolution[1] hatten ihn geistig ergriffen, und dieser große Kampf war auch ihm ein schwerer geworden. Er dachte daran, wie der alte Erzbischof, nachdem er Bremen verlassen, in Verden grollend und murrend saß, seine Freunde zusammenrief, dem eindringenden Unheil zu wehren und ihrer nicht viel finden konnte. Immer in Geldnoth, ohne kriegerische Mittel, mit der Bürgerschaft zu Bremen im gespannten Verhältniß, mit seinem neuerungssüchtigen Domkapitel, wie mit der lauen Ritterschaft in Unfrieden, weilte er ohnmächtig in seinem Palast und mußte eine Lehre sich verbreiten sehen, welche ihm zugleich gehässig und gefährlich war. Anfangs hatte er versucht, das Uebel im Keime zu ersticken und einen Prediger zu St. Remberti in Bremen, der eine Nonne heirathete und Luthers Schriften verbreitete, auf dem Borgfelde lebendig verbrennen lassen, auch einige Bürger in Verden, welche die Fasten gebrochen, auf das Härteste gestraft, aber die rollenden Räder der Reformation zermalmten die ohnmächtigen Hemmungen, welche er dazwischen warf. Die Stände der Provinz waren zu mächtig geworden, verweigerten ihm zu Basdahl die nöthigen Geldmittel, warfen ihm öffentlich in einem Schreiben – ob mit Recht, ist unsicher – einen im Geheimen unsittlichen Lebenswandel vor und verweigerten ihm den Gehorsam, welchen er zu erzwingen nicht im Stande war. Es kam zuletzt dahin, daß sein

  1. [273] Z. 15 v. o. statt Revolution lies Reformation.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_128.png&oldid=- (Version vom 12.5.2020)