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er die Kriegszüge, womit er das Land Wursten vier Mal heimsuchte und welche große Summen verschlangen, seiner Stellung nach übernehmen. Es ist hier nicht der Ort, diese Ereignisse im Einzelnen darzustellen, aber jeder Unbefangene muß eingestehen, daß der Erzbischof durch den Trotz der Wurster, die Mißhandlung seiner Diener und die muthwillige Abwerfung seiner Herrschaft berechtigt war, diese Provinz mit Waffengewalt zu unterwerfen. Diese Dinge hätten ihn aber nicht arm gemacht, wenn nicht seine schändlichen Lüste, seine kostspieligen Reisen, seine verderblichen Rechtshändel zu Rom und Speyer und seine leichtfertige Umgebung ihm Alles entzogen hätten. Seine Günstlinge nahmen die Einkünfte vorweg. Was er im gewöhnlichen Laufe der Dinge erhielt, verschleuderte er an seine Buhldirnen und an mancherlei Versuche unnützer Bauten. Hatte er einmal über eine bedeutendere Snmme zu verfügen, so veranlaßte ihn seine verschwenderische Eitelkeit, verschwenderische Reisen zu machen und auf Reichstagen und an Höfen zu prunken. Bei seiner Rückkehr war er jedesmal ärmer als zuvor. Durch seine steten Geldbedrängnisse und den Ueberlauf der Gläubiger war er zuletzt dermaßen geängstigt, daß ihm seine Stellung verleidet und er zu dem Entschluß gebracht wurde, einen Coadjutor anzunehmen, welcher seine Schulden bezahlen und ihm eine jährliche Pension aussetzen sollte. So weit hatte ihn fortwährende Noth gebracht, daß er, der entschiedenste Feind der Reformation, sich sogar entschließen wollte, einen lutherischen Coadjutor anzunehmen und es gethan haben würde, wenn nicht der Tod seine Absichten vereitelt hätte. – Denken wir uns, daß er statt dieser drückenden Armuth großen Reichthum besessen hätte. Wie ganz anders wäre dann seine Stellung zur Reformation gewesen. Statt der Landstände zu schonen, würde er, gestützt auf sein scheinbar göttliches Recht, ihren Widerstand mit Gewalt unterdrückt haben. Die festen Burgen, welche er im Herzogthum besaß, – Hagen, Stotel, Ottersberg, Neuhaus, u. a. – und welche in den Händen der Beamten pfandweise blieben, weil sie nicht bezahlt wurden, wären ihm Stützpunkte gewesen, von wo aus er jede Lebensäußerung

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Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_103.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)